1. Die Wirkung einer zuckerreichen Diät auf das Schlaf- und Lernverhalten von C57BL/6J-Mäusen
- Author
-
Wendel, Stefanie Sylvia and Hallschmid, Manfred (Prof. Dr.)
- Subjects
C57BL/6J-mice ,Zucker ,sugar ,Saccharose ,C57BL/6J-Mäuse ,sucrose ,Verhalten ,sleep ,Schlaf ,behaviour - Abstract
Der Konsum von Zucker ist in den letzten Jahrzehnten stark angestiegen (Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, 2019). Gleichzeitig wächst die Zahl der Menschen, die von ernährungsbedingten Erkrankungen wie Adipositas und Diabetes betroffen sind (Timmis et al., 2020, WHO, 2017c). Darüber hinaus ist bekannt, dass die kognitive Leistung im Zuge einer zuckerreichen Ernährung leidet (Beilharz et al., 2014) und dass Schlaf, der für die kognitive Leistung und insbesondere die Gedächtnisbildung sehr wichtig ist (Diekelmann und Born, 2010), Wechselwirkungen mit dem Zuckerkonsum zeigt (Schmid et al., 2007, Jalilolghadr et al., 2011). Kognition, Energiestoffwechsel und Schlaf hängen also zusammen, aber die zugrundeliegenden Mechanismen sind nur unvollständig aufgeklärt. Ziel dieser tierexperimentellen Studie war es vor diesem Hintergrund, die Auswirkungen einer zuckerreichen Diät auf die Gedächtnisleistung und das Schlafverhalten und mögliche Zusammenhänge zu untersuchen. Hierzu wurden C57BL/6J-Mäuse acht Wochen lang mit Standardnahrung und Wasser oder aber mit Standardnahrung und Zuckerlösung (30% Saccharose) ernährt. Zu Beginn des Versuchs, nach vier und nach acht Wochen zuckerreicher Diät wurden EEG- und EMG-Signale abgeleitet, um das Schlaf-/Wachverhalten über 24 Stunden sowie, am Ende der Studie, in den drei Stunden der Konsolidierungsphase (d.h. des Behaltensintervalls) zweier Gedächtnistests zu analysieren. Diese Gedächtnistests zur Untersuchung des Lernverhaltens umfassten die Erkennung von Objekt-Ort-Assoziationen (OPR-Test, object place recognition) und die Erkennung vertrauter Objekte (NOR-Test, novel object recognition). In diesen Tests wird durch Austauschen beziehungsweise Verschieben von Objekten das Gedächtnis der Mäuse für Objekte bzw. für räumliche Konstellationen getestet. Die Analyse der EEG- und EMG-Daten ergab, dass durch die zuckerreiche Ernährung im untersuchten Zeitraum keine relevante Veränderung der Schlafarchitektur zwischen Kontroll- und Saccharose-Gruppe zu beobachten war. Im Verhaltenstest zur Objekt-Erkennung (NOR) zeigte sich eine signifikant verzögerte Wiedererkennung bekannter Objekte, d.h. eine verschlechterte Gedächtnisleistung in der Gruppe der zuckerreich ernährten Mäuse. Beim OPR- Test zeigte sich keine signifikante Veränderung. Das Gedächtnis für Objekte bzw. die Objekt-Erkennung wird also durch eine zuckerreiche Ernährung negativ beeinflusst. Eine Beeinträchtigung der Objekt-Erkennung durch zuckerreiche Ernährung entspricht vergleichbaren Befunden. Dass der Schlaf im Behaltensintervall des Gedächtnistests unverändert blieb, steht im Einklang mit Beobachtungen, dass die Schlafarchitektur trotz milder kognitiver Defizite, wie auch hier beschrieben, nicht unbedingt verändert ist, und deutet an, dass die beobachtete Gedächtnisverschlechterung nicht primär von Veränderungen von Schlafparametern herrührt. Andere Studien fanden auch eine Beeinträchtigung des räumlichen Gedächtnisses unter zuckerreicher Ernährung, die hier nicht beobachtet wurde. Da die Mäuse hier im Rahmen des OPR-Versuchs einen relativ kleinen Anteil des Behaltensintervalls schlafend verbrachten, Schlaf aber wichtig für die Bildung des räumlichen Gedächtnisses ist, könnte dies die vorliegenden Ergebnisse beeinflusst haben. Den Zusammenhang zwischen zuckerreicher Diät, Schlaf und der kognitiven Leistungsfähigkeit gilt es in weiteren Studien am Tier sowie am Menschen zu erforschen. Damit könnten weitere Erfolge in der Diagnostik und Therapie der Folgeerkrankungen des Zuckerkonsums erreicht und eine breitere Aufklärung über die gesundheitlichen Risiken einer zuckerreichen Ernährung betrieben werden.
- Published
- 2022