1. Ein »Parlamentsheer« ohne »preußische Erbstücke«? Die zivil-militärischen Konflikte um die Führungsorganisation der Kaiserlichen Schutztruppen.
- Author
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Bührer, Tanja
- Subjects
GERMAN military ,GERMAN military history ,MILITARISM -- History ,HISTORY of Prussia, Germany - Abstract
Die Kaiserlichen Schutztruppen waren im Unterschied zur Preußischen Armee und zur Marine der Kaiserlichen Kommandogewalt weitgehend entzogen. Dieser Bruch mit der konservativen Militärpolitik wurde dadurch ermöglicht, dass die politischen und militärischen Eliten in der Gründungsphase der Schutzgebiete und -truppen den absoluten Primat auf die kontinentale Sicherheit legten und ein ernsthaftes Engagement der etablierten Streitkräfte an der Peripherie entschieden ablehnten. Den Führungsspitzen der Armee und der Marine missfiel es aber grundsätzlich, dass die leitenden Stellen der zivilen Kolonialbehörden militärische Kernkompetenzen ausübten. Durch die ganze Institutionsgeschichte der Schutztruppe hindurch sollten sie daher in einem Konflikt mit den Kolonialbehörden über die konstitutionelle Stellung dieser militärischen Formation stehen. Zwar blieb die zivile Kontrolle über das Militär in den Kolonien auf dem Papier erhalten, sie konnte in ausgeprägten Bedrohungslagen dem Druck der Militärs jedoch nicht standhalten. So ignorierte der Kommandeur der ostafrikanischen Schutztruppe, von Lettow-Vorbeck, alle verfassungsrechtlichen Hindernisse und übernahm die militärische Macht im Schutzgebiet. Obwohl es sich dabei letztlich um einen Militärputsch handelt, war Lettow-Vorbecks Handlungsweise zutiefst in der preußischen Militärtradition verankert und machte es möglich, dass der Kommandeur zum Kriegshelden wurde. In contrast to the extra-constitutional position of army and navy in Imperial Germany, the German colonial troops were not under the exclusive command of the Kaiser. This contradicted Prussian military traditions. The specific constitutional position of Germany's colonial troops was largely the result of a lack of interest by army and navy. To the latter the colonial fringe was of little importance in a future war. Yet, as a matter of principle, the military authorities insisted on denying civilian administrators a say in military affairs. Consequently army and navy fought a long battle with the colonial office over the constitutional position of the colonial troops. In the end the notion of civilian control over the military in the colonies prevailed. But this victory over the traditions of Prussian militarism remained on paper. When crisis struck in summer of 1914, the military commander in German East Africa, von Lettow Vorbeck, ignored all constitutional obstacles and simply took control of the war effort. Although this action ended up in a coup it was deeply rooted in Prussian military tradition and therefore made it possible for Lettow Vorbeck to become a war hero. [ABSTRACT FROM AUTHOR]
- Published
- 2012
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