1. Analyse und Optimierung der experimentellen RIST-Kombinationstherapie an Glioblastom-Zellen in vitro
- Author
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Zimmermann, Julia, Debatin, Klaus-Michael, and Karpel-Massler, Georg
- Subjects
Dasatinib ,Glioblastom ,Irinotecan ,Tetraploidy ,Tumorstammzellen ,Vincristine ,Radioimmunosorbenttest ,Sunitinib ,ddc:610 ,Rapamycin ,Temozolomid ,Glioblastoma ,DDC 610 / Medicine & health ,Tetraploidie ,RIST-Kombinationstherapie - Abstract
Mit einer mittleren Überlebenszeit von 15 Monaten bleibt die Prognose eines neu diagnostizierten Glioblastoms (GBM) infaust. Bei den meisten Patienten kommt es trotz aggressiver Standardtherapie innerhalb des ersten Jahres nach Diagnosestellung zu einem Rezidiv, für dessen Behandlung kein standardisierter Therapieplan existiert. An dieser Stelle müssen experimentelle Therapieansätze gewählt werden, wie beispielsweise die RIST-Kombinationstherapie. Bei dieser werden zwei Inhibitoren (Rapamycin/Sunitinib) mit zwei Chemotherapeutika (Irinotecan/Temozolomid) kombiniert. In einem klinischen Setting zeigte die Therapie ein nur geringes Nebenwirkungsprofil und konnte die Tumorgröße und Lebensqualität der Patienten für lange Zeit in einem tolerablen Zustand aufrechterhalten. In unserem Forschungslabor konnte nachgewiesen werden, dass die RIST-Kombination in vitro und in vivo eine verstärkte Proliferationshemmung und eine gesteigerte Apoptose-Induktion im Vergleich zu den einzelnen Gruppen bewirkte. Im Mausmodell führte sie zu einer signifikant verlängerten Überlebenszeit. Ziel dieser Arbeit war es, die RIST-Kombinationstherapie weiter zu analysieren und durch Austausch einzelner Komponenten die Verträglichkeit und Effektivität zu optimieren. Der Topoisomerase-I-Hemmer Irinotecan, der zu schweren Nebenwirkungen führen kann, wurde durch den Mikrotubuli-Inhibitor Vincristin ausgetauscht, wodurch sich aufgrund des Applikationsschemas die Aufenthaltsdauer im Krankenhaus verkürzen könnte. Weiter sollte der Tyrosinkinase-Inhibitor Sunitinib durch Dasatinib ersetzt werden, welcher zusätzlich die Src-Kinase, die bei vielen GBM vermehrt aktiviert vorliegt, inhibieren kann und besser verträglich als Sunitinib ist. Die Kombinationstherapien, die sich durch den Austausch ergaben, sollten dann in vitro verglichen werden. Die Experimente wurden sowohl an einer etablierten GBM-Zelllinie (U87-MG) als auch an GBM-Primärzellen, die direkt aus humanem Tumormaterial isoliert wurden, in vitro durchgeführt. Als Primärzellen dienten zum einen adhärente, differenzierte Zellen (AdhDif-G35) und zum anderen für einige Experimente zusätzlich deren GBM-Tumorstammzellen (SuspTiC-G35). Als Methoden kamen Apoptose- und Zellzyklusmessungen mithilfe von fluoreszierenden Farbstoffen an einem FACS-Gerät (Fluorescence-activated cell sorting) zum Einsatz, sowie direkte Zellzahlmessungen an einem sog. CASY Cell Counter, der die Zellkonzentration in einer Probe elektrisch erfassen kann. Außerdem wurden verschiedene Western Blots und ein Colony-Forming-Assay angewandt. Auch morphologische Aspekte wurden analysiert. Es zeigte sich, dass die SuspTiC-G35 im Vergleich zu den U87-MG und den AdhDif-G35 Zellen, möglicherweise aufgrund ihrer niedrigeren Proliferationsrate, eine weitaus höhere Resistenz gegenüber den Zellzyklus-abhängigen Chemotherapeutika aufwiesen. Auch auf die Inhibitor-Gabe zeigten die SuspTiC-G35 verglichen mit den adhärenten, differenzierten Zellen deutliche Unterschiede. So reagierten sie auf die Dasatinib-Gabe mit einer signifikanten Wachstumssteigerung. Durch die Zweier-Kombination aus Rapamycin mit Temozolomid kam es bei beiden differenzierten Zellreihen zu anti-proliferativen und pro-apoptotischen Effekten. Bei den SuspTiC-G35 wurde jedoch die Effektivität des Chemotherapeutikums durch Zugabe des Inhibitors sogar vermindert. SuspTiCs und adhärente, differenzierte GBM-Zellen reagierten demnach völlig abweichend auf dieselben inhibierenden Einflüsse. Da GBM-Tumorstammzellen für die Aufrechterhaltung und Rezidivbildung eines Tumors verantwortlich sein sollen, sollten diese Erkenntnisse an weiteren GBM-Tumorstammzellen überprüft werden und ggf. bei zukünftigen Therapieschemata beachtet werden. Bei der Gegenüberstellung der verschiedenen Vierer-Kombinationen wurde erkennbar, dass die neuen, alternativen Vierer-Kombinationen nicht wirkungsvoller als die RIST-Kombination waren. Das zeigte sich sowohl an U87-MG als auch an AdhDif-G35 Zellen. Weder der Austausch von Irinotecan durch Vincristin noch von Sunitinib durch Dasatinib führte zu einer signifikant gesteigerten Zellzahlreduktion. Von allen Kombinationen wies die RIST-Therapie die höchste Apoptoserate auf. Eine Zellzyklusanalyse zeigte, dass durch die RIST-Therapie der Großteil der Zellen einen DNA-Gehalt von 4N aufwies. In Gesamtschau der Zellzyklusanalyse könnten diese Zellen tetraploide Zellen in der G1-Phase darstellen und sich damit in einem Zustand befinden, der möglicherweise zur hohen nachgeschalteten Apoptose-Induktion führte. Betrachtet man die Ergebnisse dieser Arbeit, scheint ein Austausch der verwendeten Substanzen der RIST-Therapie nicht sinnvoll zu sein. Eine Optimierung konnte nicht erreicht werden. Allerdings muss beachtet werden, dass in vitro Versuche nur limitierte Aussagekraft bezüglich klinischer Anwendung besitzen. Die Behandlung eines GBM wird in naher Zukunft weiterhin eine große Herausforderung bleiben.
- Published
- 2020