1. SIP an Biokohlen - Neue Ergebnisse und neue Einsichten in das elektrochemische Modell von Wong (Geophysics 1979, 44(7), 1245-1265)
- Author
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Haegel, Franz-Hubert, Esser, Odilia, Gao, Zhan, Zimmermann, Egon, Huisman, Johan Alexander, Vereecken, Harry, Ilić, Marija, Lolić, Aleksandar, and Zekić, Andrijana A.
- Abstract
Biokohlen unterscheiden sich je nach Ausgangsmaterial und Herstellungsverfahren mitunter beträchtlich. Bei den Herstellungsverfahren kann man im Wesentlichen drei Typen unterscheiden. Die Pyrolyse, d.h. die Erhitzung auf 300-800 °C unter Sauerstoffausschluss, die Vergasung, d.h. die Erhitzung unter Zusatz eines Oxidationsmittels im Unterschuss vorwiegend bei noch höheren Temperaturen und die hydrothermale Karbonisierung. Letztere findet im Gegensatz zu den ersten beiden im Kontakt des zu karbonisierenden Materials mit einer Wasserphase unter Druck bei Temperaturen von 150-300 °C statt. Die Produkte der hydrothermalen Karbonisierung unterscheiden sich deshalb beträchtlich von denen der beiden anderen Verfahrenstypen. Die hydrothermale Karbonisierung ist besonders vorteilhaft, wenn das Ausgangsmaterial eine hohe Feuchte hat und bei den anderen beiden Verfahren viel Energie verbraucht wird, um die Feuchte aus dem Material auszutreiben. In diesem Beitrag werden die Ergebnisse aus der Bestimmung oberflächenfunktioneller Gruppen durch Boehm-Titration und elektrischer Messungen mit spektraler induzierter Polarisation (SIP) für eine pyrolytische Kohle aus Kiefernholz und einer Kohle aus der hydrothermalen Karbonisierung von Miscanthus giganteus (Elefantengras) verglichen. Die Kohle aus der hydrothermalen Karbonisierung enthält deutlich mehr funktionelle Gruppen, zeigt aber nur eine relativ geringe elektrische Polarisation in wassergesättigten Mischungen mit Sand. Die pyrolytische Kohle, die mit einer langen Kontaktzeit bei 400 °C hergestellt worden war, zeigt dagegen eine sehr hohe Polarisation und im Gegensatz zu der anderen Kohle keine Abhängigkeit des Phasenwinkels vom Elektrolytgehalt des Wassers. Daraus kann geschlossen werden, dass der Polarisationsmechanismus für beide Kohlen unterschiedlich ist. Während bei der Kohle aus der hydrothermalen Karbonisierung im Wesentlichen eine Polarisation durch Verschiebung der Ionen in der elektrischen Doppelschicht stattfindet, erfolgt bei der pyrolytischen Kohle eine Polarisation der Elektronenverteilung in den elektronisch leitenden Kohlepartikeln. Die SIP-Spektren solcher Materialien lassen sich mit der Theorie von Wong beschreiben, welche die Leckströme durch Redox-Reaktionen über die Partikel-Elektrolyt-Grenzfläche mitberücksichtigt. Die Messwerte für die Kohle aus Kiefernholz lassen sich bei Verwendung sinnvoller Parameter mit dieser Theorie recht gut beschreiben, wenn man in Betracht zieht, dass einige der Voraussetzungen der Theorie nicht erfüllt sind. Elektronenmikroskopische Aufnahmen zeigen, dass die pyrolytische Kohle eine hohe Porosität besitzt, weswegen die Kontaktfläche mit dem Elektrolyt verglichen mit der Kontaktfläche starrer Kugeln, wie sie die Theorie voraussetzt, wesentlich größer wird. Deshalb muss ein wesentlich höherer Volumenanteil an Kohle in das theoretische Modell eingesetzt werden, um die gemessene Peakhöhe des Phasenwinkels zu erhalten. Eine Weiterentwicklung der Theorie von Wong wäre deshalb anzustreben.
- Published
- 2016