Interozeption beschreibt die Wahrnehmung körperinterner Signale und deren Verarbeitung. Der Körper muss adäquat auf Bedürfnisse und Defizite reagieren, um eine körperliche Homöostase herzustellen, welche entscheidend für einen gesunden körperlichen und mentalen Zustand ist. Darüber hinaus konnte in verschiedenen Studien der Zusammenhang von Interozeption mit unterschiedlichen gesundheitsrelevanten Variablen (u. a. Stress, körperliche Aktivität, Emotionswahrnehmung und -regulation) sowie deren Einfluss auf die verschiedenen Erhebungsmethoden belegt werden. Weiterhin konnte auch eine gestörte Interozeptionsfähigkeit in diversen klinischen Populationen (u. a. Depressionen, Essstörungen) nachgewiesen werden. Basierend auf diesen Beobachtungen ist es somit entscheidend, Maßnahmen zu entwickeln, welche interozeptive Prozesse fördern. In den letzten Jahren haben sich hierbei insbesondere selbst- und körperfokussierte Ansätze als vielversprechende Maßnahmen herauskristallisiert. Insgesamt lässt sich daraus ableiten, dass Interozeption eine entscheidende Rolle für die individuelle Gesundheit spielt. Die vorliegende Dissertation hat das Ziel, die Interaktion von gesundheitsrelevanten Variablen (u. a. chronischem Stress) und interozeptiven Prozessen zu beleuchten und den bisherigen Forschungsstand substantiell um den Aspekt der Interventionen zu erweitern. Dies bedeutet, dass beeinträchtigte interozeptive Prozesse in entsprechenden klinischen Störungsbildern (Anorexia nervosa und Zwangsstörungen) genauer elaboriert werden und dass Veränderungen dieser Prozesse während einer Therapie bei zwei klinischen Stichproben sowie durch ein Body Scan-Training in einer gesunden Stichprobe untersucht werden sollen. In Studie I wurde der Zusammenhang von interozeptiver Akkuranz (erfasst via Herzwahrnehmungstest) und chronischem Stress anhand von Selbstberichts- und psychophysiologischen Maßen (Fragebögen zum chronischen Stress, Haarcortisol und Dehydroepiandrosteron (DHEA) sowie deren Verhältnis) untersucht. Dabei zeigte sich, dass eine höhere interozeptive Akkuranz mit einem verminderten chronischen Stresserleben und psychophysiologischen Stresslevel zusammenhängt und dieser Zusammenhang durch eine hohe Selbstregulation mediiert wird. Anhand von Studie II und III konnte herausgefunden werden, dass die interozeptive Akkuranz in einer Stichprobe mit Anorexia nervosa und Zwangsstörungen verglichen mit einer zugeordneten gesunden Kontrollgruppe vermindert ist. Für die subjektive Komponente der Interozeption, die sogenannte interozeptive Sensibilität, konnte zudem eine Reduktion der Werte der Subskala „Interozeptive Wahrnehmung“ bei dem Eating Disorder Inventory-2 bei Patientinnen mit Anorexia nervosa nachgewiesen werden. Darüber hinaus zeigte sich in Studie II, dass Patientinnen mit Anorexia nervosa sich deskriptiv hinsichtlich der interozeptiven Akkuranz und Sensibilität durch eine kognitiv-behaviorale Therapie verbessern. Für Zwangspatienten (Studie III) konnte dies nicht nachgewiesen werden. Im Rahmen von Studie IV wurden zwei weitere Studien durchgeführt, welche sich lediglich hinsichtlich der Kontrollgruppen (Studie 1: aktive Kontrollgruppe, die ein Hörbuch hörte; Studie 2: inaktive Kontrollgruppe) unterschieden. In dieser Studie wurde der Einfluss eines achtwöchigen Body Scan-Trainings auf interozeptive Prozesse in einer gesunden Stichprobe untersucht. Hier erfolgte erneut die Erhebung der interozeptiven Akkuranz via Herzwahrnehmungstest. Zusätzlich wurde die interozeptive Sensibilität über ein Sicherheitsrating nach dem Herzwahrnehmungstest und mittels Subskala des Eating Disorder Inventory-2 erfasst. Die Ergebnisse der ersten Studie zeigen eine deskriptive Verbesserung der interozeptiven Akkuranz und Sensibilität (Sicherheitsrating) im Vergleich zur aktiven Kontrollgruppe. Die zweite Studie konnte darüber hinaus nachweisen, dass die Probanden, die an dem Body Scan-Training teilnahmen, eine signifikante Verbesserung der interozeptiven Akkuranz und Sensibilität (Sicherheitsrating) im Vergleich zur inaktiven Kontrollgruppe aufzeigten. Keine Effekte konnten für die interozeptive Sensibilität, erfasst über die Subskala des Eating Disorder Inventory-2, gefunden werden. Insgesamt lässt sich anhand der verschiedenen Studien die bedeutende Rolle und der gesundheitsrelevante Charakter interozeptiver Prozesse im präventiven und therapeutischen Kontext hervorheben. Ebenso lässt sich ableiten, dass der Wahl und der Dauer der Interventionsmaßnahme zur Förderung interozeptiver Prozesse eine entscheidende Rolle zukommt und hierbei selbst- und körperfokussierte Verfahren von Bedeutung sind. Zukünftige Studien sollten weitere Einflussfaktoren der Interozeption identifizieren, verschiedene Ansätze zur Verbesserung interozeptiver Prozesse zusammenführen sowie auch digitale Möglichkeiten (Online-/App-basiert) nutzen., Interoception describes the ability to perceive and process internal bodily signals. It is important to react to needs and deficits to ensure bodily homeostasis, which is necessary for a healthy body and mind. Former studies demonstrated a relationship between interoception and different health-related variables (e.g., stress, physical activity, emotion perception and regulation) as well as its influence on the assessment of interoception. Additionally, previous studies found impaired interoceptive processes in various mental disorders (e.g., depression, eating disorders). Consequently, there is a need to improve interoceptive processes. Previous research investigating different self- and body-related methods indicated positive effects on interoceptive processes. Thus, it can be inferred that interoception is essential for individual health. This thesis aimed at further exploring the interaction between health-related factors (such as stress) and interoceptive processes and at substantially extending former knowledge focussing on the aspect of interventions. This implemented the investigation of impaired interoceptive abilities in different mental disorders (anorexia nervosa and obsessive-compulsive disorder) in more detail. Furthermore, the change of interoceptive processes in such clinical samples during a cognitive-behavioral therapy as well as the effect of a body scan training in a healthy sample were considered in more detail. Study I investigated the relationship between interoceptive accuracy (measured via the heartbeat perception task) and chronic stress. For the measurement of chronic stress, different questionnaires and psychophysiological indicators (cortisol, dehydroepiandrosterone (DHEA), and the ratio of both) were used. Results showed that a higher interoceptive accuracy was related to decreased chronic stress experience and psychophysiological stress levels. Furthermore, this negative association was mediated by the participants’ enhanced self-regulation. Study II and III found a decreased interoceptive accuracy (heartbeat perception task) in anorexia nervosa and obsessive-compulsive disorder patients compared to healthy-matched controls. Regarding self-evaluated interoception, so-called interoceptive sensibility, a reduced score in the subscale “Interoceptive Awareness” of the Eating Disorder Inventory-2 for patients with anorexia nervosa was found. Additionally, based on the descriptive results of study II, patients showed a trend towards recovery during a cognitive-behavioral therapy. For the patients with obsessive-compulsive disorder (study III), no change was found. Study IV included two further studies, differentiating between control groups (Study 1: active control group listening to an audio book; Study 2: inactive control group). The investigation aimed to explore the effects of an 8-week body scan training in a healthy sample. Therefore, interoceptive accuracy was assessed via the heartbeat perception task. Additionally, self-reported interoceptive sensibility was measured via confidence ratings and the subscale of the Eating Disorder Inventory-2. Results indicated a descriptive trend for interoceptive accuracy and sensibility (confidence rating) in comparison to the active control group. Furthermore, the second study showed a significant improvement of interoceptive accuracy and sensibility (confidence rating) compared to the inactive control group. No such effects were found for interoceptive sensibility assessed via the subscale of the Eating Disorder Inventory-2. To conclude, these findings emphasize the health relevance of interoceptive processes in the context of prevention and treatment. Moreover, the choice and the duration of the intervention seem to be crucial for the success of improved interoceptive processes. Self- and bodily-related methods seem to be effective. Future studies should investigate other influencing factors on interoception and combine different approaches to improve interoceptive processes. Especially in terms of enhancing interoceptive processes, mobile- and online-based methods could be a promising approach.