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Zusammenfassung Der Beitrag untersucht sprachliche und bildliche Darstellungen der Pfingstgeschichte als Urszene, das heißt als Inszenierung des Anfangs der christlichen Kirche und als Paradigma eines christlichen Verständnisses von Sprache. Er zeigt, wie diese Gründung mit dem Phänomen der Übersetzung, aber auch mit den Grenzen der Sprache (der »Zungenrede«) verbunden ist sowie wie diese Gründung in der Heilsgeschichte Israels situiert und durch den Jüngerkreis eine politische Ordnung instituiert wird. In diesem Rahmen erscheint auch der Geist als wesentlicher Bestandteil christlichen Sprechens sowie die erste spezifisch christliche Sprechhandlung: die Predigt des Petrus.

The article discusses the central role of the history of religion in the debate on the so-called “crisis of historicism” during the first half of the twentieth century. I argue that the seemingly marginal question of how to write the history of religion informs major debates about the writing of history and history's place in culture. Focusing on Ernst Troeltsch's On Historical and Dogmatical Method in Theology (1900) and Rudolf Bultmann's History and Eschatology (1955), I analyze how theological and historical arguments and concepts interact in their respective histories of religion. According to Troeltsch, the methods of contemporary Religionsgeschichte (history of religion) undermine not only theological dogma but also such common historicist categories as “reason,” “teleology,” or “essence.” Bultmann, using similar methods, develops a similar critique based on the idea of “historicity,” i.e. an anthropological fundament of understanding oneself historically. Here too, the simple and linear understanding of history is called into question by a decidedly religious element, namely eschatology understood as a radically different temporality. Both cases thus show how tightly religious problems, theological arguments, and historical methods are interwoven, and how much our understanding of history, religion, and their mutual relations is informed by this entanglement.

The paper reads Alfred Döblin’s novel Amazonas (1937/1938) in the context of current debates about world literature. It argues that these debates not only refer to a certain group of texts or to a literary system, but concern problems of reading and representation, namely how to read literature beyond the paradigms of national and comparative literature and how to represent a world, especially the modern globalized and secularized world. Döblin’s novel refers to different meanings of ‘world’ that are implied in these questions: It depicts the ‘discovery’ and violent colonization of the ‘New World’ both from the perspective of the indigene people and the Europeans, as well as the ‘Jesuit republic’ as a different project of colonization with an utopian aspect. Written in exile, it also uses the detour via an exotic setting to diagnose a crisis of Europe. Finally it tries to develop a narrative form beyond the novel, using different forms of mythic but also topographic narration which are figured as the materiality of the Amazonas-‘stream.’

Gershom Scholem was always skeptical about the promises of Enlightenment, which did not necessarily accompany the emancipation of the Jews and all too often implied the negation of their collective...

This paper explores how Blumenberg narrates the history of modernity as a second overcoming of Gnosticism. This detour through late antiquity illuminates the full meaning of his idea of modernity. Blumenberg develops important methodological insights about historical change, the threshold between epochs, etc. that appear in The Legitimacy of the Modern Age. We see the central role of the interpretation of Gnosticism but also of New Testament eschatology. Both are conceived as historical catalysts that provoke modernity's emergence but remain alien to its result. Thus the references to Gnosticism and surrounding contemporary discourses are essential for Blumenbeg's account of modernity.

Um 1800 verstärkt sich das Problembewusstsein für eine der wissenschaftlichen Reflexion adäquate Darstellung, da sich die Überzeugung durchsetzt, die Sprache sei nicht nur ein Werkzeug, sondern vielmehr ein "bildendes Organ des Gedankens" (Wilhelm v. Humboldt). Das enge Verhältnis von Aussage und Ausdruck rückt die Wissenschaft in der deutschen Tradition geradezu zwangsläufig in die Nähe zur Literatur. Dabei zeigt sich das wissenschaftliche Selbstverständnis dieser Jahre in der Frage v.a. seiner Adressierung von einer interessanten Paradoxie geprägt. So soll der jeweilige Sprachgebrauch überhaupt erst den szientistischen Anspruch wissenschaftlicher Projekte beglaubigen und diese gleichsam als Spezialdiskurse legitimieren, zugleich muss der ideale Adressat der Wissenschaft solche Spezialdiskurse aber immer auch überschreiten. J. G. Fichte etwa weist den Vorwurf der "Unverständlichkeit" seiner "Wissenschaftslehre" als implizites Verlangen nach "Seichtigkeit" seitens der Leser zurück, zugleich aber erlegt er dem Wissenschaftler die Aufgabe auf, einen Beitrag zum "Fortgang des Menschengeschlechts" zu leisten. Derartigen Spannungen spürt der Band im Kontext vornehmlich des Niedergangs (wie Fortlebens) der Rhetorik und der Neubegründung der Universität nach.

The concept of association rules is well-known in data mining. But often redundancy and subsumption are not considered, and standard approaches produce thousands or even millions of resulting association rules. Without further information or post-mining approaches, this huge number of rules is typically useless for the domain specialist – which is an instance of the infamous pattern explosion problem. In this work, we present a new definition of redundancy and subsumption based on the confidence and the support of the rules and propose post-mining to prune a set of association rules.

Von Max Weber stammt die Formulierung von der „Entzauberung der Welt“, die bis heute unser Selbstverstandnis pragt: die Art, wie wir uns, unser Verhaltnis zu unserer Vergangenheit und auch zu anderen vorstellen. Wir leben in der Moderne, und das heist fur uns: in einer Welt, die keinen Zauber mehr kennt. ‚Welt‘ ist fur uns geradezu der Inbegriff einer eindimensionalen Wirklichkeit, andere Welten konnen wir uns kaum noch vorstellen, jedenfalls haben wir keine Begriffe mehr von ihnen, sondern konnen allenfalls in Metaphern und Geschichten von ihnen sprechen. Nun ist ‚Entzauberung‘ genau so eine Metapher, die nicht nur in sich mehrdeutig ist – ist das ein aktiver oder passiver Prozess, ist er zu bewerten oder zu beklagen? –, sondern auch Teil einer spezifischen literarischen Gattungstradition: der Elegie. Denn wenn bei Weber die Beschreibung der entzauberten Welt schnell in eine Allegorie des Gotterkampfes ubergeht – in der modernen, pluralistischen Welt erheben sich die alten Gotter wieder und beginnen ihren ewigen Kampf –, so verweist das auch auf die Tradition der Elegie: der geschichtsphilosophischen Elegie bei Schiller und ihren Variationen und Umschriften bei Holderlin und Heine. Der Durchgang durch diese Rezeptionsgeschichte zeigt nicht nur, dass die Rede von der „entzauberten Welt“ selbst einen hochgradig literarischen Charakter hat, sondern dass auch der Literatur selbst – hier eben: der Elegie, die Verlorenes beklagt – ein zentraler Platz in dieser Geschichte angewiesen wird. Ein Platz, der freilich selber nicht stabil ist, sondern nur in der Arbeit an der Figur, der konstanten Neu- und Umbesetzung umkreist werden kann.

Ludwig Tieck's last Novellen mark the threshold between romantic and realistic literature. Focusing on Waldeinsamkeit, the essay analyses how motifs and narrative strategies of the Romantic Kunstmarchen are reformulated, pointing towards a new form of novellistic narration that hovers ambivalently between Romanticisation and disillusionment. This transformation reacts both to the experience of modernisation and to the new status of literature following the age of Goethe. It displaces features of the fairytale, such as the emphasis on the miraculous, as well as the poetological reflexivity of early Romantic literature, into realistic narration and thus contributes to the historical specificity of the German Novelle. Ludwig Tiecks letzte Novellen stehen an der Schwelle zwischen romantischem und realistischem Erzahlen. Insbesondere an Waldeinsamkeit wird untersucht, wie Motive und Erzahlverfahren des romantischen Kunstmarchens reformuliert werden in einer neuen Form novellistischen Erzahlens, die ambivalent zwischen Romantisierung und Desillusionierung schwankt. Diese Transformation, die auf Erfahrungen der Modernisierung ebenso reagiert wie auf den neuen Status der Literatur nach der Goethezeit, verschiebt Momente des Marchenhaften und Wunderbaren ebenso wie Elemente poetologischer Reflexivitat in das realistische Erzahlen und tragt so wesentlich zur besonderen Auspragung der deutschen Novelle in der Literaturgeschichte bei.

Karl Kraus’ Die letzten Tage der Menschheit wird gern ›einzigartig‹ genannt: das Drama zum Ersten Weltkrieg, aber auch das Ausnahmedrama schlechthin, kanonisch, aber schwer zu beschreiben. Entstanden zwischen 1915 und 1919, erstmals erschienen als »Aktausgabe« in der Fackel 1918/19, in der wesentlich uberarbeiteten Buchausgabe 1922, gilt der Text als Klassiker, ist unbedingt und pflichtschuldig zu erwahnen, entzieht sich aber zugleich der Analyse: Als einziges Exemplar seiner Gattung liegt das Stuck nach Kurt Krolop »noch immer als ein ungefugter erratischer Block auser aller Uberlieferung«. Einzigartig ist Kraus’ Drama auch im Kontext des Kriegstheaters. Mit seinem Umfang von uber 750 Druckseiten und an die 200 Szenen an einer Fulle von Schauplatzen – von der Hochgebirgsfront bis zum Unterseeboot, vom Hauptquartier bis zum Kaffeehaus – scheint das Stuck gewissermasen jenseits des klassischen Problems zu stehen, wie der Krieg auf die Buhne zu bringen ist. Freilich geschieht das um den Preis der ebenfalls topisch zu erwahnenden ›Unspielbarkeit‹; wenn uberhaupt, so die Vorrede, gehore das Stuck auf ein Marstheater.

Welche Themen und Schauplatze werden von deutschsprachigen Schriftstellerinnen und Schriftstellern seit 2000 in Szene gesetzt und diskutiert? Wie korrespondiert die aktuelle Gegenwartsliteratur mit dem Zeitgeschehen und gesellschaftlichen Diskursen? Die 21 Beitrage des Bandes erkunden den literarischen Umgang mit politischen und historischen Krisen, sie befragen interkulturelle Bezuge und analysieren die literarische Gestaltung der neuen Mehrsprachigkeit, wobei insbesondere innovative Schreibverfahren und Autorschaftsmodelle im Fokus stehen. Besprochen werden zudem neue Formen der Literaturvermittlung.

Friedrich Nietzsche’s writings have often been read as ‘prophetic’, i.e. as authoritative cultural criticism that establishes new ‘values’ and points toward a new culture. Nietzsche himself draws heavily on biblical language and imagery, including the figure of the prophet. The essay addresses this relation in two ways: it analyzes how, especially the early reception, considers Nietzsche’s writings as ‘prophetic’ and how Nietzsche himself reads the prophets as protagonists of the re-evaluation of values. Moreover, a closer ‘Nietzschean’ reading of biblical prophecy shows that both Nietzsche and the prophets claim to pronounce a truth that transcends common understanding and that both refer to a language of radical destruction which eventually leads to the destruction of the very prophetic message itself. Thus, the figure of Nietzsche as a prophet can be read as an emblem of the fundamental epistemological crisis at the end of the nineteenth century, which changed the modes of theoretical discourse.

Der Beitrag untersucht am Beispiel von Gryphius’ Leo Armenius das Zusammenspiel von Repräsentation und Präsenz im barocken Theater. Ausgehend vom Antagonismus politischer und heilsgeschichtlicher Deutungen des barocken Welttheatertopos wird eine (theater-)semiotische Lektüre vorgeschlagen, die sich insbesondere an den heiligen Zeichen sowie an ihrem Modell, dem Sakrament, orientiert. Dazu wird rekonstruiert, wie im Stück über das Problem der Zeichenhaftigkeit reflektiert wird, wodurch die — unentscheidbar zwischen Präsenz und Absenz schwankende — Inszenierung bzw. Verhüllung des Kreuzeszeichens auf der Bühne als grundlegende Reflexion über Theatralität lesbar wird.

For a long time Walter Benjamin was figured as the intellectual in-between: as the sole genius who related different if not conflicting positions and was able to overcome outgrown distinctions and to transgress the boundaries of well-established theories and disciplines. An academic outsider, he became the forerunner of important theoretical innovations of today. Benjamin’s work therefore underwent numerous renaissances since the 1950s and maintained its actuality in different contexts and epochs of thought. But is this still true today? If all these assumptions are to be more than mere rhetoric to foster the claim of intellectual prestige for a past thinker, we have to ask if they are still valid in relation to contemporary theory. I would even stress that we have to ask this question in a twofold way. First, is Benjamin’s thought still transgressive in a sense that exceeds his anticipation of radical cultural criticism and media theory? For even if he preceded these movements, they have been quite firmly established by now; thus today Benjamin could hardly be more than a founding father in this context, a past name, a source of authority or of pretensions. If we still believe in the actuality of Benjamin, however, we have to ask if, and in what respect, Benjamin still troubles theory and which kinds of boundaries he still transgresses.

Biblical poetry is a still neglected genre in literary history. The current approaches are misleading both systematically and historically because they tend to split literary matter and biblical form, and they see biblical poetry as part of a broad secularization process. Four rewritings of Cain's biblical story, all written around 1800, show that literary approaches to the bible tended to produce new forms and innovative genres, such as an “undramatic” drama (Klopstock), a pastoral that implicitly criticises the pastoral worldview (Gessner), a prose poem that systematically blurs the border between poetry and prose (Coleridge), and a drama that combines the radial rebellion of Cain with the reinforcement of the biblical norms (Byron).

Between 1926 and 1929, Martin Buber, Victor von Weizsäcker, and Joseph Wittig edited the journal