1. Das „Wunder von Bern" und die kollektive Erinnerung der Deutschen im Wandel der Zeit – zeitgenössisches Erleben, Erinnerungskultur und nationale Identitätsbildung.
- Author
-
Luh, Andreas
- Abstract
Aus zeitgenössischer Sichtweise war der (bundes)deutsche WM-Erfolg von Bern 1954 ein gemeinschaftsbildendes emotionales Erlebnis, „das uns alle wie in einem Rausch mitriß und uns Stunden, Tage und alle Arbeit vergessen ließ" (DIE WELT, 6.7.1954, S. 7). Beginnend in den 1990er Jahren und verstärkt seit den 2000er Jahren wurde der WM-Sieg von 1954 von Zeithistoriker*innen und in den meinungsbildenden Medien zeitpolitisch überhöht und legendenhaft zum „wahren Gründungsdatum" der Bundesrepublik Deutschland stilisiert. Mit Hilfe der erinnerungskulturellen Theoriebildung von Jan und Aleida Assmann kann die Umdeutung des WM-Erfolges von 1954 vom alltagsweltlichen Nahhorizont im Kommunikativen Gedächtnis der Deutschen in den 1950er Jahren zum kulturellen Fernhorizont im Kulturellen Gedächtnis der Deutschen seit den 1990er Jahren plausibel nachvollzogen werden. Summary: From a contemporary point of view, the success of (West) Germany at the World Cup in Bern in 1954 was a community-building, emotional experience "that carried us all along as in a frenzy and made us forget hours, days, and all work" (DIE WELT, July 6, 1954, p. 7). Beginning in the 1990s, and increasingly since the 2000s, contemporary historians and the opinion-forming media exaggerated the World Cup victory of 1954 and stylized it as the "true founding date" of the Federal Republic of Germany. Jan and Aleida Assmann's culture of remembrance theory helps to provide a plausible understanding of how the World Cup success of 1954 was reinterpreted from its everyday near horizon in German "communicative memory" in the 1950s to its cultural far horizon in German "cultural memory" since the 1990s. [ABSTRACT FROM AUTHOR]
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- 2023
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