In zahlreichen Studien wurde ausgehend von einer Beteiligung entzündlicher Prozesse an der Pathogenese depressiver Erkrankungen eine Erhöhung pro-entzündlicher Komponenten des Immunsystems, wie IL-6 und CRP nachgewiesen. Vor allem unter dem Einfluss entzündungsfördernder Zytokine kommt es unter Beteiligung des Tryptophan abbauenden Enzyms Indolamin-2,3-Dioxygenase (IDO) zu Verschiebung des Tryptophan- in Richtung des Kynureninstoffwechsels zu Ungunsten der Bildung von Serotonin und dessen Abbauprodukt 5-Hydroxyindolessigsäure (5-HIAA). 5-HIAA gibt indirekt Aufschluss über die Beteiligung des Neurotransmittersystems Serotonin. Neopterin, (soluble) Interzelluläres Adhäsionsmolekül-1 ((s)ICAM-1) und Matrix Metalloproteinase-9 (MMP-9) sind gut untersuchte Immunparameter, die an entzündlichen Prozessen beteiligt sind und in zahlreichen Erkrankungen in erhöhter Konzentration nachgewiesen wurden. Die Studienlage ergab für genannte Parameter jeweils kein einheitliches Bild in Bezug auf depressive Erkrankungen. Im Rahmen dieser explorativen Studie wurden aus 3 psychosomatischen Zentren insgesamt 63 Patienten mit Major Depression, die stationär (56 Patienten) oder tagesklinisch (7 Patienten) psychotherapeutisch behandelt wurden, rekrutiert. Wichtige Ausschlusskriterien waren Infektionen und die Einnahme von Psychopharmaka und antientzündlicher Medikation. Es fand eine Untersuchung der Serumspiegel von 5-HIAA, Neopterin, sICAM-1 und MMP-9 unter Einbezug psychometrischer Testverfahren zu Beginn und Ende der psychotherapeutischen Behandlung statt. Die Ergebnisse aller Ratingbögen (BDI, PSS, PSQI, MADRS, HAMD-17) zeigten im Verlauf eine signifikante Verbesserung klinischer Symptomatik. In der Auswertung von BDI, MADRS und HAMD-17 lagen die Mittelwerte der Ergebnisse zu Beginn der Psychotherapie jeweils im unteren Einschätzungsbereich für klinisch relevante beziehungsweise mittelgradig depressive Symptomatik. Vor Entlassung zeigten sich Werte im asymptomatischen Bereich. Für die Untersuchungen aller Serumparameter im Verlauf ergaben sich keine statistisch signifikanten Änderungen. Dies könnte auf die kleine untersuchte Patientenzahl zurückzuführen sein, eventuell lag auch kein ausreichender Schweregrad depressiver Symptomatik vor. Entzündungs- oder neuronale Umbauprozesse spielten möglicherweise eine untergeordnete Rolle oder ließen sich über die untersuchten Serumparameter nicht abbilden. Einschränkend ist auch das Fehlen einer gesunden Kontrollgruppe zu erwähnen. Bei Rekrutierung der Studienteilnehmer aus 3 verhaltenstherapeutisch ausgerichteten psychosomatischen Einrichtungen erfolgte eine orientierende Einteilung des Therapieangebotes in Überbegriffe. In einem linearen Regressionsmodell ergaben sich für die Zielgrößen sICAM-1 in Bezug auf "Achtsamkeit" und MMP-9 in Bezug auf "Physikalische Maßnahmen" statistisch signifikante Ergebnisse. Dies könnte einen Hinweis darauf geben, dass sich mögliche zusätzliche Therapieeffekte über die beiden Immunparameter abbilden lassen. Eine Korrelation nach Spearman zwischen psychometrischen Tests und Serumwerten zeigte zwar keine signifikanten Ergebnisse, jedoch Trends auf eine positive Korrelation (cor=0,24) zwischen MMP-9 und MADRS (p=0,06) und eine negative Korrelation (cor=-0,22) zwischen Neopterin und BDI (p=0,08). Größer angelegte Studien sind erforderlich, um Patienten mit depressiven Erkrankungen möglicherweise auch über Immunparameter besser einordnen und gezielter weiter untersuchen zu können.