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Die deutsche Druckindustrie mus sich seit Beginn 1993 der Kardinalfrage stellen, ob die „harteste Rezessionsphase der Branche seit Bestehen der Bundesrepublik“1 ein kurzfristiges rezessionsbedingtes Phanomen darstellt oder ob die aktuelle Entwicklung vielmehr grundsatzliche Probleme dieser traditionsreichen Branche offenbart. Nach einer neunjahrigen Phase realer Umsatzzuwachse mundete das Ende des Aufschwungs fast ubergangslos in eine Rezession, die die Betriebe der Druckindustrie in den Sog einer tiefen konjunkturellen Krise ris.2 Lag die Kapazitatsauslastung 1991 noch bei durchschnittlich uber 90%, sackte sie 1993 abrupt und vollig unerwartet auf ein Niveau von 60–80% ab und lies die Druckbetriebe den starksten Umsatzeinbruch (-20%) seit uber 20 Jahren erfahren.3 Die Konsequenzen liesen nicht lange auf sich warten, und so registrierten 1993 die Amtsgerichte innerhalb der westdeutschen Druckindustrie 172 Insolvenzen; das sind 60% mehr als 1992 und damit so viele wie in keinem Jahr zuvor seit Bestehen der Bundesrepublik. Damit sank 1993 erstmals seit Mitte der siebziger Jahre die Anzahl der Betriebe in der deutschen Druckindustrie.4

Vor dem Hintergrund der prasentierten Marktdynamik und speziell des in der Druckbranche hervorgehobenen aktuellen Strukturwandels wird von Seiten der Praxis heute um so mehr Hilfestellung zur Generierung einer Vertriebsstrategie gefordert.1 Diese mus durch marktorientierte Voruberlegungen fundiert und durch systematischen Aufbau fur die zum grosten Teil mittelstandisch2 strukturierten Druckereibetriebe umsetzbar sein.3 Damit soll es den Unternehmen ermoglicht werden, innerhalb ihrer Branche eine Position zu finden, in der sie sich im Hinblick auf die Verbesserung ihrer Gewinnperspektiven am besten gegenuber den Wettbewerbskraften behaupten konnen.4 Im Sinne des strategischen Vertriebscontrollings sind dabei alle Aktivitaten der Unternehmen konsequent an den verschiedenen Marktteilnehmern — aus Sicht von Druckereiunternehmen insbesondere an den Verlagen (Kunden) sowie an anderen Druckereien (Wettbewerber) — auszurichten. Hierzu musten vor allem genaue Anforderungs- und Nutzenanalysen fur individuelle Nachfrager durchgefuhrt werden, die der Frage nachgehen, in welcher Auspragung ausgewahlte Leistungsmerkmale (z.B. Termintreue und Serviceleistungen) gewunscht warden und wie die tatsachliche Performance des eigenen Unternehmens beurteilt wird.

Im Kapitel 3 wird das im bisherigen Verlauf der Arbeit erlauterte strategische Vertriebscontrolling um eine prozesorientierte Gestaltungskomponente erweitert. Die Prozesorientierung im Controlling ist seit Ende der achtziger Jahre eine deutlich erkennbare Entwicklungslinie der betriebswirtschaftlichen Lehre und Praxis).1 Ziel der Prozesorientierung ist, die funktionsorientierten und wegen der zahlreichen Schnittstellen auch sehr langsamen und uberkomplexen Unternehmensstrukturen zu uberwinden. Neueste Ansatze zur Unternehmensfuhrung betonen und belegen, das die Beherrschung von kritischen Unternehmensprozessen (z.B.Vertriebsoder F & E-Prozes) uber den Markterfolg eines Unternehmens entscheidet.2 Mit Blick auf das Vertriebscontrolling nimmt dabei die Auseinandersetzung mit der Prozeskostenrechnung in Theorie und Praxis einen besonders hohen Stellenwert ein.3 Die Meinungen zur Prozeskostenrechnung sind sehr unterschiedlich und reichen von uneingeschrankter Akzeptanz bis zur strikten Ablehnung.4 Nahezu alle Veroffentlichungen, die inzwischen in beachtlicher Zahl zu verzeichnen sind, nehmen daher einen nicht selten subjektiven Charakter an, wobei es an umfassenden Darstellungen aus der Praxis, die alle Aspekte der Prozeskostenrechnung mit einer vollstandigen Analyse behandeln, bisher noch mangelt.