In der vorliegenden Dissertation wird ein Simulationsmodell für die Diskrete Elemente Methode vorgestellt, das in der Lage ist, das Materialverhalten während des Mischprozesses von Frischbeton nachzubilden. Zur realitätsnahen Abbildung des Materialverhaltens während des gesamten Mischprozesses ist zum einen die korrekte, prozessabhängige Modellierung der Feuchtigkeitsverteilung im Mischgut notwendig. Zum anderen definiert sich das lokale Materialverhalten durch den aktuellen Feuchtegrad und die Materialzusammensetzung der Mischung und muss im Simulationsmodell Berücksichtigung finden. Zur korrekten Modellierung der Feuchteverteilung wurde der Flüssigkeitstransfer zwischen unterschiedlich feuchten Kontaktpartnern (Partikeln) im Simulationsmodell realisiert. Der Flüssigkeitstransfer ist dabei abhängig vom Feuchtegrad der beiden Kontaktpartner, ihrer relativen Positionierung zueinander und der Viskosität der zu transferierenden Flüssigkeit. Zudem spielt die Partikelgröße eine entscheidende Rolle bei der Flüssigkeitsaufnahmefähigkeit eines Partikels und bei der Geschwindigkeit des Flüssigkeitstransfers. Zur Repräsentation des Flüssigkeitsanteils aller Partikel im Simulationsmodell erhält jedes Partikel eine zusätzliche Partikelvariable. Feuchte Feststoffpartikel lassen sich somit als zweischichtige Partikel repräsentieren, die eine äußere Flüssigkeitsschicht und einen inneren Feststoffkern besitzen. Die Modellierung des Materialverhaltens basiert auf einer Unterteilung in drei verschiedene Kraftkomponenten, die in Abhängigkeit der lokalen Feuchtegrade Anwendung finden. Die erste Kraftkomponente umfasst Reibungs-, Dämpfungs- und Federkräfte, die bei trockenen Feststoffkontakten zum Einsatz kommen. Die zweite Kraftkomponente besteht aus zusätzlichen Flüssigkeitsbrückenkräften, die bei leicht angefeuchteten Materialien wirken. Die Flüssigkeitsbrückenkräfte sind abhängig von Flüssigkeitsvolumen, Flüssigkeitszusammensetzung, Partikelgröße und Abstand der Kontaktpartner. Die dritte Kraftkomponente umfasst die viskosen Kräfte, die bedingt durch die Flüssigkeitsschichten zwischen den Kontaktpartnern auftreten. Die viskosen Kräfte in Tangentialrichtung basieren auf dem Bingham-Modell, das häufig für zementgebundene Suspensionen eingesetzt wird. Die Anwendung des Bingham-Modells setzt die Kenntnis der rheologischen Kenngrößen Fließgrenze und plastische Viskosität voraus, die aus der lokalen Zusammensetzung der Flüssigkeitsschicht approximiert werden müssen. Die Grundlage für diese Approximation bilden sowohl Modelle aus der Literatur als auch experimentelle Untersuchungen, die im Rahmen dieser Arbeit durchgeführt wurden. Auch die Definitionen der materialabhängigen Flüssigkeitsaufnahmemengen und -geschwindigkeit sowie die Berechnung der zustandsabhängigen Flüssigkeitsbrückenkräfte basieren auf theoretischen Modellen und experimentellen Untersuchungen. Die Experimente sollen die entsprechenden theoretischen Modelle stützen, die materialspezifischen Modellparameter bestimmen und zusätzliche Daten außerhalb des Gültigkeitsbereichs der Modelle liefern. Alle Einzelaspekte der Flüssigkeitsaufnahme, des -transfers und des feuchteabhängigen Materialverhaltens werden in der Simulation implementiert und anhand der Nachbildung der Experimente überprüft. Das Zusammenspiel aller Modellaspekte wird anhand der Simulation eines experimentell durchgeführten Betonmischprozesses in einem Zwangsmischer für zwei Rezepturen mit unterschiedlichen w/z-Werten ohne Verwendung von Zusatzstoffen und -mitteln validiert. Während des Mischprozesses wurde die Leistungsaufnahme des Mischers erfasst und mit der aus dem Drehmoment abgeleiteten Leistungsausnahme aus der Simulation verglichen. Dabei zeigte sich eine gute qualitative Übereinstimmung des zeitlichen Leistungsverlaufs, der das realistische Durchlaufen der verschiedenen Phasen der Materialzustände widerspiegelt. Als zusätzliches Vergleichskriterium wurde nach dem Mischprozess das Setz- bzw. Setzfließmaß ermittelt. Auch hier zeigte sich eine gute qualitative Übereinstimmung zwischen Experiment und Simulation. Damit konnte die grundsätzliche Anwendbarkeit des Modells zur Nachbildung des Materialverhaltens während des Frischbetonmischprozesses anhand einer ausgewählten Betonrezeptur demonstriert werden.:1 Einleitung 1 1.1 Problemstellung 1 1.2 Zielsetzung 2 1.3 Lösungsansatz 3 1.4 Gliederung der Arbeit 5 2 State of the art – Lösungsansätze und ihre Grenzen 7 2.1 Simulationsmethoden für Mischprozesse 7 2.1.1 Überblick 7 2.1.2 Diskrete Elemente Methode (DEM) 9 2.2 Simulation des Feuchteübergangs 16 2.3 Simulation von Flüssigkeitsbrücken 22 2.4 Simulation von Frischbeton 26 2.4.1 Diskrete Elemente Methode (DEM) 27 2.4.2 Lattice-Boltzmann-Methode (LBM) 31 2.4.3 Finite Volumen Methode (FVM) 31 2.4.4 Finite Elemente Methode (FEM) 32 2.4.5 Smoothed Particle Hydrodynamics (SPH) 33 2.5 Fazit aus dem aktuellen Stand der Technik 34 3 Theoretische Modellbildung 37 3.1 Wasseraufnahmemenge 37 3.2 Flüssigkeitsbrückenkräfte 39 3.3 Rheologie von zementgebundenen Suspensionen 46 3.4 Fazit aus der Betrachtung der theoretischen Modelle 59 4 Experimentelle Untersuchungen 61 4.1 Materialeigenschaften der Ausgangsstoffe 61 4.1.1 Korngröße 61 4.1.2 Dichte 64 4.1.3 Reibungskoeffizient 65 4.2 Flüssigkeitsaufnahmemenge 69 4.2.1 Wasser 69 4.2.2 Zementleim und Mörtel 77 4.3 Wasseraufnahmegeschwindigkeit 78 4.4 Flüssigkeitsbrückenkraft 81 4.4.1 Messapparatur 81 4.4.2 Versuche am Einzelpartikel 83 4.4.3 Feuchte Schüttkegel 92 4.5 Oberflächenspannung 94 4.6 Rückprallexperiment 95 4.7 Suspensionsverhalten 98 4.8 Mischprozess 110 4.9 Fazit aus den experimentellen Untersuchungen 117 5 Simulationsmodell 119 5.1 Ablauf einer Standard-Simulation in EDEM 119 5.2 Programmierschnittstelle für benutzerdefinierte Kontaktmodelle in EDEM 120 5.3 Übersicht des Modellierungsansatzes 122 5.4 Modellierung des Flüssigkeitstransfers 124 5.4.1 Grundidee 124 5.4.2 Aufnahmebedingungen für Wasser 133 5.4.3 Aufnahmebedingungen für Suspensionen 137 5.4.4 Transfergeschwindigkeit 139 5.4.5 Ergebnisse 142 5.5 Modell zur Partikelüberlappung 147 5.6 Flüssigkeitsbrückenkräfte 148 5.6.1 Modellierung 148 5.6.2 Ergebnisse 154 5.7 Reibungskräfte 158 5.8 Dämpfungskräfte in Normalrichtung durch Flüssigkeit 159 5.9 DämpfungskKräfte in Tangentialrichtung 161 5.9.1 Modellierung 161 5.9.2 Ergebnisse 166 5.10 Adaption durch Kontaktzahl 169 5.11 Implementierung der benutzerdefinierten Variablen 170 5.12 Validierung des Gesamtmodells 177 5.13 Fazit aus der Modellerstellung 192 6 Zusammenfassung 193 7 Modellgrenzen und Ausblick 197 Symbolverzeichnis 199 Literatur- und Quellenverzeichnis 203 In this thesis a simulation model for the Discrete Element Method is presented, which is capable to simulate the material behavior during the mixing process of fresh concrete. For the realistic modeling of the material behavior during the entire mixing process two major aspects have to be integrated in the model. On the one hand the correct, process-dependent representation of the moisture distribution within the mix is necessary. Second, the local material behavior defined by the current degree of humidity and the mix composition must be taken into account in the simulation model. For a correct simulation of the humidity distribution representation the fluid transfers between different wet contact partners (particles) was realized in the contact model. The fluid transfer is dependent on the moisture level of the two contact partners, their relative positioning to each other and the viscosity of the liquid to be transferred. In addition, the particle size plays a crucial role in the water absorption capacity of a particle and in the water transfer velocity. For the representation of the liquid content of each particle, all particles in the simulation model have an additional particle variable. Wetted solid particles can thus be represented as two-layered particles having an outer liquid layer and an inner solid core. The modeling of the material behavior is based on a subdivision into three different force components, which are applied dependent on the local moisture degree. The first force component comprises friction, damping and spring forces, which are used in dry solid contacts. The second force component consists of additional liquid bridge forces acting in weakly wetted materials. The liquid bridge forces are defined as a function of liquid volume, liquid composition, particle size and the distance of the contact partners. The third force component covers the viscous forces that occur due to the fluid layers between the contact partners. The viscous forces in the tangential direction are based on the Bingham model, which is commonly used for cementitious suspensions. The application of the Bingham model assumes knowledge of the rheological parameters yield stress and plastic viscosity, which need to be approximated from the local composition of the liquid layer. The basis of this approximation is provided by models of literature and experimental investigations that have been carried out in this work. Also, the definitions of the material-dependent fluid absorption volume and the liquid transfer velocity as well as the computation of the state-dependent liquid bridge forces are based on theoretical models and experimental studies. Experiments are supposed to support the relevant theoretical models, determine the material-specific model parameters and provide additional information outside the scope of the models. All aspects of the fluid absorption, fluid transfer and the moisture-dependent material behavior are implemented in the simulation and verified by the remodeling of the experiments. The interplay of all aspects of the model is validated by the simulation of an experimentally investigated concrete mixing process in a compulsory mixer for two concrete recipes with different w/c ratios without using additives and admixtures. During the mixing process the power consumption of the mixer was recorded and compared with the approximated power consumption in the simulation, deduced from the torque data. Thereby a good qualitative agreement of the power curve was achieved, which reflects a realistic pass through the various phases of the material states during the mixing process. As an additional comparison criterion the slump or the slump flow was determined after the mixing process. Again, a good qualitative agreement between experiment and simulation was achieved. Thus the basic applicability of the model to simulate the material behavior during the fresh concrete mixing process is demonstrated using a selected concrete mix.:1 Einleitung 1 1.1 Problemstellung 1 1.2 Zielsetzung 2 1.3 Lösungsansatz 3 1.4 Gliederung der Arbeit 5 2 State of the art – Lösungsansätze und ihre Grenzen 7 2.1 Simulationsmethoden für Mischprozesse 7 2.1.1 Überblick 7 2.1.2 Diskrete Elemente Methode (DEM) 9 2.2 Simulation des Feuchteübergangs 16 2.3 Simulation von Flüssigkeitsbrücken 22 2.4 Simulation von Frischbeton 26 2.4.1 Diskrete Elemente Methode (DEM) 27 2.4.2 Lattice-Boltzmann-Methode (LBM) 31 2.4.3 Finite Volumen Methode (FVM) 31 2.4.4 Finite Elemente Methode (FEM) 32 2.4.5 Smoothed Particle Hydrodynamics (SPH) 33 2.5 Fazit aus dem aktuellen Stand der Technik 34 3 Theoretische Modellbildung 37 3.1 Wasseraufnahmemenge 37 3.2 Flüssigkeitsbrückenkräfte 39 3.3 Rheologie von zementgebundenen Suspensionen 46 3.4 Fazit aus der Betrachtung der theoretischen Modelle 59 4 Experimentelle Untersuchungen 61 4.1 Materialeigenschaften der Ausgangsstoffe 61 4.1.1 Korngröße 61 4.1.2 Dichte 64 4.1.3 Reibungskoeffizient 65 4.2 Flüssigkeitsaufnahmemenge 69 4.2.1 Wasser 69 4.2.2 Zementleim und Mörtel 77 4.3 Wasseraufnahmegeschwindigkeit 78 4.4 Flüssigkeitsbrückenkraft 81 4.4.1 Messapparatur 81 4.4.2 Versuche am Einzelpartikel 83 4.4.3 Feuchte Schüttkegel 92 4.5 Oberflächenspannung 94 4.6 Rückprallexperiment 95 4.7 Suspensionsverhalten 98 4.8 Mischprozess 110 4.9 Fazit aus den experimentellen Untersuchungen 117 5 Simulationsmodell 119 5.1 Ablauf einer Standard-Simulation in EDEM 119 5.2 Programmierschnittstelle für benutzerdefinierte Kontaktmodelle in EDEM 120 5.3 Übersicht des Modellierungsansatzes 122 5.4 Modellierung des Flüssigkeitstransfers 124 5.4.1 Grundidee 124 5.4.2 Aufnahmebedingungen für Wasser 133 5.4.3 Aufnahmebedingungen für Suspensionen 137 5.4.4 Transfergeschwindigkeit 139 5.4.5 Ergebnisse 142 5.5 Modell zur Partikelüberlappung 147 5.6 Flüssigkeitsbrückenkräfte 148 5.6.1 Modellierung 148 5.6.2 Ergebnisse 154 5.7 Reibungskräfte 158 5.8 Dämpfungskräfte in Normalrichtung durch Flüssigkeit 159 5.9 DämpfungskKräfte in Tangentialrichtung 161 5.9.1 Modellierung 161 5.9.2 Ergebnisse 166 5.10 Adaption durch Kontaktzahl 169 5.11 Implementierung der benutzerdefinierten Variablen 170 5.12 Validierung des Gesamtmodells 177 5.13 Fazit aus der Modellerstellung 192 6 Zusammenfassung 193 7 Modellgrenzen und Ausblick 197 Symbolverzeichnis 199 Literatur- und Quellenverzeichnis 203