51. Gesellschaft aus dem Gleichgewicht? Zur Signalfunktion neuer Bürgerlichkeit
- Author
-
Cornelia Koppetsch
- Abstract
In den letzten Jahren haufen sich Zeit- und Krisendiagnosen, die eine Auflosung des sozialen Zusammenhalts behaupten – das zeigen auch die in diesem Band versammelten Beitrage. Die Ursachen werden vielfach in den gesellschaftlichen Folgen der Globalisierung gesehen: Soziale Beschleunigung, wie auch Erfahrungen der Unsicherheit und der Ungerechtigkeit fuhrten zur Erschopfung des Subjekts und der gesellschaftlichen Moral. Daruber hinaus wird behauptet, dass Leitbilder wie das „unternehmerische Selbst“ oder der „Arbeitskraftunternehmer“ heute fur Identitat und Lebensfuhrung masgeblich wurden. Dagegen wird im vorliegenden Beitrag argumentiert, dass nicht progressive, sondern, im Gegenteil, restaurative Mentalitats- und Identitatsmuster in Deutschland als Antwort auf die gesellschaftlichen Umbruche an Relevanz gewinnen. Eine besondere Bedeutung nimmt in Deutschland in der Mittelschicht das Mentalitatsmuster der „neuen Burgerlichkeit“ ein, dessen Rolle in den aktuellen Auseinandersetzungen um kollektive Identitat und Status der folgende Beitrag diskutieren will. Argumentiert wird, dass das Ethos der neuen Burgerlichkeit im Zentrum einer neuen Identitatspolitik innerhalb der Mittelschicht steht, weil es zwei Funktionen erfullt: Es bietet ein mentales und ideologischen Bollwerk gegen den oft als unmoralisch und exzessiv empfundenen neoliberalen Geist des Kapitalismus und es gewahrt sozialen Abstand gegenuber den prekaren und unteren Soziallagen.
- Published
- 2011