Münster, Westfalen : Waxmann 2008, 371 S. - (Empirische Erziehungswissenschaft; 11) - (Zugl.: Frankfurt (Main), Univ., Diss., 2007), In der Arbeit wird untersucht, welchen Beitrag Schulen dazu leisten können, dass Schülerinnen und Schüler zur Teilhabe an der Demokratie befähigt werden. Ausgangspunkt ist die Feststellung, dass sich die öffentliche Wahrnehmung der Qualität von Schule in den vergangenen Jahren zunehmend darauf ausrichtet, welche Leistung Schülerinnen und Schüler erbringen. Nicht(fach)leistungsbezogene Kriterien, die ebenfalls ein normativ begründbares und einzuforderndes Ergebnis von institutionellen Beschulungsprozessen sind, werden dagegen in der politischen, wissenschaftlichen und medialen Auseinandersetzung weit weniger reflektiert. Hierbei wird jedoch übersehen, dass der Schule nicht nur die Aufgabe der Wissensvermittlung zukommt, sondern auch der Auftrag zur umfassenden Persönlichkeitsbildung von Schülerinnen und Schülern. Vor diesem Hintergrund wird das Konstrukt demokratischer Handlungskompetenzen als Ergebnis schulischer Erziehungs- und Sozialisationseffekte auf der Grundlage demokratie- und kompetenztheoretischer Überlegungen begrifflich-konzeptuell entfaltet. Als Facetten dieses mehrdimensionalen Konstrukts werden beispielsweise das politische Wissen und Interesse, die Überzeugung, politisch kompetent zu sein, die Bereitschaft zu politischem Diskurs, zu gezielter Informationssuche und zu gesellschaftlicher Verantwortungsübernahme einbezogen. Es wird postuliert, dass eine spezifische Verfasstheit der Schule, die als demokratische Schulkultur organisations- und schulqualitätstheoretisch konzeptualisiert wird, dem Erwerb solcher Kompetenzen förderlich ist. Auf der Grundlage einer Interviewstudie wird zunächst qualitativ untersucht, welche Konzeptionen des zentralen Konstrukts demokratischer Schulkultur bei den an Schule Beteiligten vorherrschen und wie sich der demokratische Auftrag der Schule im konkreten schulischen Geschehen niederschlägt. Es kann aufgezeigt werden, dass demokratiespezifische Bezüge – Notwendigkeit zum pluralistischen Diskurs, Fördern von Mündigkeit, kritische Reflexion bestehender Verhältnisse – bedeutend seltener vorzufinden sind als die Vorstellung eines auf Gemeinschaftlichkeit, Solidarität und gemeinsamer Verantwortung ausgerichteten Miteinanders. In der quantitativen Studie werden auf der Basis eines umfassenden Datensatzes von ca. 6700 Schülerinnen und Schülern, 3500 Lehrkräften und 137 Schulleitungen die Zusammenhänge zwischen demokratischer Schulkultur und demokratischen Handlungskompetenzen analysiert. Der hierarchischen Struktur der Daten gemäß, werden mit Hilfe von Mehrebenenregressionsanalysen individuelle Effekte von denen der Organisationsebene (Schule) analytisch getrennt. Es kann gezeigt werden, dass jenseits von individuellen Voraussetzungen – Geschlecht, Migrations- und familiärer Hintergrund – systematische Effekte der Schulkultur auf das Niveau demokratischer Handlungskompetenzen bestehen. Dabei erweisen sich nicht solche schulischen Merkmale als bedeutsam, die allgemeine Schulqualitätskonzepte beschreiben, wie beispielsweise die Kooperation der Lehrkräfte oder die aktive Elternarbeit, sondern vor allem auf demokratieförderliche Aspekte ausgerichtete Faktoren, wie zum Beispiel die Unterstützung eines pluralistischen, offenen Diskurses, die Verlebendigung demokratischer Prinzipien oder die Abwesenheit von gewaltsamen Formen der Konfliktlösung. Ausblickend verweist die Arbeit insbesondere auf methodologische Desiderata, die für das Paradigma der Schulqualitätsforschung insgesamt gelten: So wird in der Betrachtung hierarchischer Daten häufig eine Ebene, die nicht im Zentrum des Interesses liegt, ignoriert; was jedoch unter Umständen zu einer Verzerrung der geschätzten Effekte führt. Darüber hinaus wurde deutlich, dass es sich bei einer demokratischen Schulkultur offenbar um ein eigenständiges, über den allgemeinen Qualitätsbegriff hinausgehendes Qualitätsmerkmal von Schule handelt, was jedoch in weiteren Studien sowohl quantitativ als auch qualitativ – beispielsweise im Zuge eine kommunikativen Validierung mit den Beteiligten – nachgewiesen werden müsste. (Autorin), This work examines how schools can contribute to empowering students to participate in democracy. It starts with the observation that in recent years, the public perception of school effectiveness has increasingly focused on the achievements of students. Criteria bearing no relation to (academic) achievement that likewise constitute a normatively justified outcome of school institutional processes receive far less attention in political, scientific and medial discussions. This overlooks the fact that school does not only have to fulfill the task of conveying knowledge, but it also has a commitment to developing the personalities of students in a comprehensive manner. The construct of democratic action competencies is conceptually and terminologically developed against this background, as an outcome of school-related education and socialization effects, following democracy theoretical and competence theoretical thoughts. This multi-dimensional construct includes the facets of, for example, knowledge and interest in politics, the confidence in being politically competent, the readiness to join in political discourse, to a focused search for information and to take on responsibility in society. A specific character of the school, which is conceptualized as a democratic school culture in organization and school effectiveness theoretical terms, is predicted to be beneficial to the acquisition of such competencies. In a first step, an interview study provides the basis for a qualitative examination of the conceptions of democratic school culture prevailing among the participants in the school process, and how the democratic commission of the school is evident in concrete everyday school life. It is shown that democracy-specific aspects such as the necessity for pluralistic discourse, advancement of autonomy, critical reflection of existing conditions occur far less frequently than the idea of living together on the basis of community, solidarity and shared responsibility. The quantitative study, which is based on a comprehensive set of data gained from ca. 6700 students, 3500 teachers and 137 school managers analyses the correlations between democratic school cultures and competencies for democratic action. Following the hierarchical structure of the data, multi-level regression analyses are applied to analytically discern individual effects from those of the organization level (school). Systematic effects of the school culture on levels of competence for democratic action can be proven to exist besides individual preconditions such as sex, migration and family background. Not those features of school quality are significant in this context that de-scribe general school effectiveness concepts (such as the cooperation of teachers or active parent involvement), but rather those factors that are directed towards promoting democracy, such as the support of a pluralistic, open discourse, the coming to life of democratic principles or the absence of violent forms of solving conflicts. In an outlook, the study points out desiderata particularly with regard to methodology, which pertain to the paradigm of school effectiveness re-search itself. For instance, the analysis of hierarchical data often ignores a level that does not lie at the heart of interest, but this might lead to a distortion of estimated effects. It furthermore became evident that a democratic school culture seems to be an autonomous quality feature of school that goes beyond the general concept of effectiveness. However, this would need to be proven by subsequent qualitative and quantitative studies – for example, by means of a communicative validation with the participants. (Author)