Die Entstehung von Polaronen, also von Ladungsträgern (Elektronen oder Löcher) die an Gitterschwingungen gekoppelt sind, stellt ein weit verbreitetes Phänomen an Oberflächen von Übergangsmetalloxiden mit starken Auswirkungen auf die Eigenschaften und Funktionalitäten dieser Materialien dar. Diese Doktorarbeit befasst sich mit Rutil TiO2(110), einer beispielhaften Oxidoberfläche, welche dazu neigt stark lokalisierte (kleine) Elektron-Polarone zu bilden. Um fundamentale Eigenschaften von Polaronen und deren Rolle in wertvollen Anwendungen beschreiben zu können wurde eine systematische Analyse basierend auf der Dichtefunktionaltheorie und unterstützt von Oberflächen-sensitiven Experimenten durchgeführt. Es wird gezeigt, dass sich Polarone vermehrt an speziellen Gitterplätzen von Titan Atomen in einer Schicht unterhalb der Oberfläche bilden. Verantwortlich dafür ist ein lokales, elektrostatisches Potential und eine gewisse Gitterflexibilität. Positiv geladene Punktdefekte, wie zum Beispiel Sauerstoffleerstellen oder interstitielle Titan Atome, üben eine anziehende Kraft auf (negativ geladene) Polarone aus. Dies hat zur Folge, dass sich Polarone bevorzugt in der Nähe der Defekte aufhalten, aber dabei ihre intrinsische Mobilität beibehalten und das sogar bei niedrigen Temperaturen. Die Polaron-Polaron Abstoßung scheint sehr stark zu sein, vor allem bei geringen Distanzen. Diese abstoßende Wechselwirkung hat Auswirkungen auf die Stabilität der Oberfläche und führt letztlich zu strukturellen Rekonstruktionen des Kristallgitters. Des weiteren beeinflussen Polarone maßgeblich die chemische Reaktivität des Wirtsmaterials, wie am Beispiel von CO Adsorption untersucht wurde. Als Adsorbat dienende Moleküle werden durch partiellen Transfer der Polaronladung stark an Stellen gebunden, die durch Polarone besetzt sind. Die Erkenntnisse dieser Arbeit ermöglichen es, seit langem bestehende Fragen bezüglich Oxidoberflächen zu beantworten, welche für viele Anwendung von großer Bedeutung sind. Außerdem können die eingeführten Techniken und physikalischen Interpretationen für weitere interessante Untersuchungen, wie zum Beispiel für den Elektronentransport, die optische Absorption, die Thermoelektrizität, magnetoresistive Effekte und den Hochtemperatursupraleiter verwendet werden., The formation of polarons, i.e., charge carriers (electrons or holes) coupled with the lattice vibrations, is a pervasive phenomenon on transition-metal oxide surfaces, with a strong impact on the physical properties and functionalities of the hosting materials. This doctoral project focuses on rutile TiO2(110), a prototypical oxide surface, prone to form strongly localized (so called small) electron polarons. By performing a systematic analysis in the density-functional theory framework, supported by surface sensitive experiments, the fundamental polaronic properties are described in detail, clarifying the role of polarons in interesting applications. The polaron formation turns out to be more favorable on specific titanium sites on the subsurface layer, due to the local electrostatic potential and lattice flexibility. Positively charged intrinsic impurities, such as oxygen vacancies and titanium interstitials, exert an attractive interaction on the (negatively charged) polarons. As a consequence, polarons tend to populate sites in the proximity of these defects, maintaining, however, their intrinsic mobility, even at low temperature. The polaron-polaron repulsion appears to be very strong, especially at short distances. This repulsive interaction undermines the stability of the surface, ultimately driving structural reconstructions. In addition, polarons influence significantly the chemical reactivity of the hosting material, as investigated for the CO adsorption. In fact, molecules adsorbing on a polaronic site are strongly bound to the surface, due to a partial transfer of the polaron charge towards the adsorbate. These findings clarify long standing issues concerning oxide surfaces, which are key in established and emerging technologies; moreover, the adopted techniques and physical interpretations set the route for further investigations on other interesting phenomena and applications connected to polarons, such as electron transport, optical absorption, thermoelectricity, magnetoresistance, and high temperature superconductivity.