Lebensmittelproduktion verursacht weltweit große ökologische Kosten und mit-verursacht dadurch verschiedene ökologische Krisen wie die Biodiversitäts- und Klimakrise. Dadurch wird nicht nur die Zukunft eines stabilen Klimas und (noch) intakter Ökosysteme gefährdet, sondern auch die Zukunft der Welternährung und der menschlichen Gesundheit durch Tier-Mensch-Übertragungen von Krankheiten, was zuletzt COVID-19 deutlich gemacht hat. Vor diesem Hintergrund sind wissenschaftlich kritische Analysen verschiedener Formen der Lebensmittelproduktion erforderlich. Zu einer solchen wissenschaftlich-kritischen Analyse will die vorliegende Arbeit beitragen. Sie analysiert in der Provinz Südtirol ein Lebensmittelprodukt, das als regionales vermarktet wird, aber in Wirklichkeit relativ große globale Landnutzungsfolgen mit sich bringt: Der "Südtiroler Speck g.g.A." (g.g.a. für „geschützte geografische Angabe“). Dieses Produkt, das in Hammen, also in etwa dem Schweineschlegel gehandelt wird, ist nicht nur deswegen interessant, weil es als veredeltes Markenprodukt Südtirols verkauft wird, sondern auch weil die Produktionszahlen dieses Fleischprodukts - und damit auch der Umweltdruck - gemessen an der kleinen Provinz Südtirol sehr hoch sind.Die vorliegende Arbeit stellt die Frage: Wie groß ist der Umweltdruck in Regionen und Ländern, die Rohstoffe für die Südtiroler Speckproduktion liefern und somit darin eingebunden sind? Methodisch wird der eHANPP-Indikator verwendet. HANPP bezeichnet die Gesellschaftliche Aneignung von Nettoprimärproduktion und erlaubt es, abzuschätzen wie groß die menschlichen Eingriffe in Landökosysteme hinsichtlich der Landnutzungsänderung und Landnutzungsintensität sind. eHANPP (e für „embodied“) ermittelt die HANPP, die im Zuge der Produktion von Waren und Dienstleistungen global anfallen und diesen zugerechnet werden können. In Bezug auf die Landnutzungsänderung wird quantifiziert, wie stark sich durch den anthropogenen Eingriff die Produktivität der Landökosysteme verändert. Mit Blick auf die Landnutzungsintensität kann berechnet werden, wie viel der jährlichen Biomasseproduktion, mithin Primärenergie, den Landökosystemen entzogen wird.Die Ergebnisse dieser Untersuchung zeigen, dass der Umweltdruck in Form von eHANPP mit dem Produktionsanstieg von rund 2,5 auf 2,7 Millionen Hammen in den untersuchten Jahren 2014, 2016 und 2017 ansteigt. Insgesamt beträgt die eHANPP im Jahr 2017 (rezentestes Jahr zur Illustration gewählt) 163 kt TM/yr eHANPP. 77% davon fallen zwar in Europa an, allerdings fallen auch 14% in Südamerika und 6% in Nordamerika an. In Italien fallen nur rund 4,5 % des gesamten Impacts an – und in Südtirol selbst weniger als 0,04% (rund 58 t TM/yr eHANPP). Die insgesamt in Anspruch genommenen Ackerflächen im Jahr 2017 betragen 15.700 ha, wobei davon 80% in Europa, 12% in Südamerika und 6% in Nordamerika anfallen. In Italien fallen dabei 11,5% der Flächen an – in Südtirol allerdings wiederum nur 0,04% (rund 6 ha). Die Anteile der verschiedenen Weltregionen an der eHANPP verändern sich nur minimal in den Jahren 2014, 2016 und 2017, wobei im letzten untersuchten Jahr der Anteil Europas am größten (77% im Vergleich zu 73% 2014) und der Südamerikas am kleinsten (14% im Vergleich zu 16% 2014) ist.Pro Hamme "Südtiroler Speck g.g.A.", welche durchschnittlich rund 7,5 kg wiegt, fallen 2017 60,4 kg TM/yr eHANPP und 63 m²/yr Fläche - aufgeteilt auf die genannten Weltregionen - an. Rechnet man die Impacts pro Kilogramm Speck, fallen 8,0 kg TM/yr eHANPP und 8 m² Fläche an.Die gesamte benötigte Ackerfläche für diesen Speck ist mit 15.700 ha (2017) etwas größer als die Hälfte der in Südtirol bebauten Ackerflächen (rund 28.000 ha; Stand 2015) – und beinahe so groß wie die Fläche für Südtirols Apfelanbau (18.500 ha). Wenn Südtirol die Futtermittel für den produzierten Speck selbst produzieren würde, käme es wahrscheinlich zu einer Flächenkonkurrenz mit dem Apfelanbau um fruchtbare Böden – eine Interpretation, die neben der Größe des Flächenbedarfs auch von der der eHANPPharv gestützt wird: Die eHANPPharv aller benötigten Futtermittel (0,16 Mt TM/Jahr, 2017) ist vergleichbar groß mit der HANPPharv der Äpfel (0,28 Mt TM/Jahr, 2015). Sie macht damit 57% der HANPPharv der Äpfel aus.Im Zusammenhang mit der Rohstoffproduktion von "Südtiroler Speck g.g.A." konnte gezeigt werden, dass das als regionales vermarktete Produkt stark auf globale Ressourcen zugreift und damit auf Externalisierung, d. h. Auslagerung des Umweltdrucks auf andere Regionen Europas, auf Südamerika und Nordamerika, beruht. Dieser Sachverhalt der Externalisierung verursacht Umweltdruck unter anderem in stark von Abholzung gefährdeten Ländern wie Brasilien, Argentinien und Paraguay und muss daher kritisch hinterfragt werden, wenn es zum gesellschaftlichen Ziel gehören soll, die Lebensmittelproduktion so zu transformieren, dass die Klimakrise und die Biodiversitätskrise in Grenzen gehalten werden können., Joachim Raich, Masterarbeit Universität Klagenfurt 2021, in englischer Sprache