Seit Mitte der 1990er-Jahre wird in den Sozial- und Kulturwissenschaften darüber diskutiert, inwiefern sich die Männlichkeit in der Krise befindet und auf welche Weise sich dies in gesellschaftlichen Vorgängen und künstlerischen Produkten widerspiegelt. Zentral in diesem Zusammenhang ist Raewyn Connells mittlerweile klassisch gewordenes Konzept der ‚hegemonialen Männlichkeit‘. In Hinsicht auf den deutsch-türkischen Film lässt sich die These von der Krise der Männlichkeit wohl besonders für die 2000er- und 2010er-Jahre in Anschlag bringen. Besonders signifikant für diese Periode sind die (selbst)bewusste Reflexion transkultureller Positionen und die Selbstverständlichkeit, mit der mehrfachkulturelle Identitätszuschreibungen vorgenommen werden. Ein essentialistisches Kulturverständnis ist den auf die erste Einwanderergeneration folgenden Generationen fremd. Was ihre Repräsentant/innen umtreibt, ist vielmehr die individuelle Suche nach einer eigenen Lebenskultur. Es ist anzunehmen, dass sich derartige Suchbewegungen auch und vor allem auf die Verhandlungen der Geschlechterrollen erstrecken. Im Beitrag wird der Frage nachzugehen sein, was dies konkret für die Männlichkeitsdarstellung im deutsch-türkischen Film bedeutet. Dabei handelt es sich um einen Gegenstand, der in der Forschung bislang nahezu unberücksichtigt blieb. Die Grundlage der Untersuchung bildet eine (freilich subjektive) Auswahl an Filmen, durch deren Behandlung ein struktureller Überblick über die Männlichkeitsthematik dargeboten werden soll. Der Fokus liegt auf vier sich wechselseitig bedingenden Punkten: 1. Staat vs. Milieu, 2. Vater vs. Sohn, 3. Kain vs. Abel (die Rivalität unter Brüdern), und 4. Mann vs. Frau. Zur theoretischen Perspektivierung dieser im Einzelnen (und in der genannten Reihenfolge) herauszuarbeitenden Oppositionen werden diverse Thesen aus der Kritischen Männerforschung, die an Connells Konzept der ,hegemonialen Männlichkeit‘ anknüpfen, heranzuziehen sein. ince the mid-1990s, in social and cultural sciences it has been discussed to which extend masculinity is in crisis and how this is reflected in social processes as well as artistic works. Raewyn Connell’s concept of ‘hegemonic masculinity’, which has meanwhile become a theoretical classic, is central in this context. Regarding the German-Turkish film, the thesis of masculinity in crisis can be located particularly to the 2000s and 2010s. For this period, the (self)conscious reflection of transcultural positions and the naturalness, with which multicultural identity attributions are made, has a special significance; the second and third generation of immigrants doesn’t appear to have an essential understanding of culture. What drives their representatives is rather the individual search for their own lifestyle. It can be assumed that such searching movements are also extended to the negotiations of gender roles. The article will deal with the question of what this concretely means in terms of masculinity varieties implied in German-Turkish films – a subject that has so far been largely ignored in research. This will be realized on the basis of a serial of (subjectively) selected films, whose analysis is presenting a structural overview of the topic. The focus lies on four mutually impacting points: 1. state vs. milieu, 2. father vs. son, 3. Cain vs. Abel (the rivalry between brothers), and 4. man vs. woman. For the theoretical perspectivation of these oppositions various hypotheses from the Men’s Studies, which are attached to Connell’s concept of ‘hegemonic masculinity’, are applied.