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Vestibuläre Kontrolle von Willkürbewegungen – Systemanalyse und Modellbildung
- Source :
- Klinische Neurophysiologie. 38
- Publication Year :
- 2007
- Publisher :
- Georg Thieme Verlag KG, 2007.
-
Abstract
- Es ist weitbekannt, dass Informationen von den Gleichgewichtsorganen im Innenohr dafur genutzt werden, Auge, Kopf und Korper im Raum zu stabilisieren. Eine solche Stabilisierung erscheint wahrend willkurlicher, selbst-initiierter Bewegungen widersinnig. Tatsachlich konnte gezeigt werden, dass vestibulare Signale, die von Willkurbewegungen des Kopfes herruhren, in den vestibularen Kernen unterdruckt werden. Daher wird allgemein angenommen, das Gleichgewichtssystem habe fur die Ausfuhrung von Willkurbewegungen keine Bedeutung. Dazu passend unterscheiden sich auch Kopfbewegungen von Patienten ohne Gleichgewichtssinn nicht von denen Gesunder. Umgekehrt scheinen aber die vestibulare Sensoren, die genaueste Informationen uber die Kopfgeschwindigkeit liefern, wie geschaffen dafur zu sein, aktive Willkurbewegungen zu uberwachen. Um diese bisher wenig beachtete Rolle des Gleichgewichtssystems bei der Bewegungskontrolle naher zu beleuchten, imitierten wir eine Situation, die auftritt, wenn Menschen Motorradhelme tragen oder Tiere Beute im Maul tragen. In diesen Fallen ist das Tragheitsmoment des Kopfes erhoht und die Bewegungskontrolle muss die veranderten Kopfeigenschaften kompensieren, die sonst ein Oszillieren (Schwingen) des Kopfes hervorrufen. Wir erhohten also das Kopf-Tragheitsmoment von Patienten ohne Gleichgewichtssinn und verglichen ihre Kopfbewegungen mit denen Gesunder. Wahrend der Kopf normalerweise weder bei Patienten noch bei Gesunden schwingt, bewirkte die Erhohung des Tragheitsmoments ein ausgepragtes Kopf-Oszillieren bei Patienten, aber nicht bei Gesunden. Vestibulares Feedback spielt also tatsachlich eine bedeutende Rolle bei der Kontrolle von Willkurbewegungen des Kopfes. Diese Ergebnisse stimmen mit den Vorhersagen des Reafferenzprinzips, wie es von von Holst und Mittelstadt postuliert wurde, uberein: nur vestibulare Informationen, die von beabsichtigten Bewegungen herruhrt, werden abgeschwacht; jede unerwartete Information wird jedoch benutzt um das Motorkommando so zu verandern, dass die Bewegung zuruck auf die richtige Bahn kommt. In unserem Fall wird so bei Gesunden Kopf-Oszillieren verhindert. Allgemein verarbeitet also das Gleichgewichtssystem bevorzugt Unvorhergesehenes, was dann sowohl zur Stabilisierung als auch zur Motorkontrolle aktiver Willkurbewegungen benutzt wird.
- Subjects :
- Physiology (medical)
Neurology (clinical)
Subjects
Details
- ISSN :
- 14394081 and 14340275
- Volume :
- 38
- Database :
- OpenAIRE
- Journal :
- Klinische Neurophysiologie
- Accession number :
- edsair.doi...........0239b4ccd3f115cdc57c9a824f314791
- Full Text :
- https://doi.org/10.1055/s-2007-976398