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Die Anpassung von W��ldern und Waldwirtschaft an den Klimawandel

Authors :
Bauhus, J��rgen
Seeling, Ute
Dieter, Matthias
Farwig, Nina
Hafner, Annette
K��tzel, Ralf
Kleinschmit, Birgit
Lang, Friederike
Lindner, Marcus
M��hring, Bernhard
M��ller, J��rg
Niekisch, Manfred
Richter, Klaus
Schraml, Ulrich
Publication Year :
2021
Publisher :
Berichte ��ber Landwirtschaft - Zeitschrift f��r Agrarpolitik und Landwirtschaft, 2021.

Abstract

Der Klimawandel ver��ndert unsere W��lder auf vielf��ltige Weise. Dabei werden negative Auswirkungen auf die W��lder, ihre ��kosystemleistungen und die Waldwirtschaft h��chstwahrscheinlich ��berwiegen. Neben dem Anstieg der Temperatur und ��nderung der Niederschlagsverteilung sind es vor allem die Zunahme von Extremereignissen und ihren Interaktionen, die zu erheblichen St��rungen der W��lder f��hren werden. Die weit verbreiteten, massiven Waldsch��den infolge der trockenen und hei��en Jahre 2018 ��� 2019 haben bereits angedeutet, mit welcher Geschwindigkeit diese Ver��nderungen auch in Deutschland voranschreiten k��nnen. Daher erscheint es dringend geboten, umfassende Konzepte zu entwickeln, um die W��lder und ihre Bewirtschaftung so anzupassen, dass negative Folgen m��glichst weit abgepuffert werden k��nnen, um auch in Zukunft die vielf��ltigen ��kosystemleistungen der W��lder f��r unsere Gesellschaft bereitzustellen. Wie beim Klimaschutz ist auch bei der Anpassung an den Klimawandel die Politik gefordert, Rahmenbedingungen zu schaffen, die im Sinne der Generationengerechtigkeit zuk��nftigen Generationen die gleichen Optionen f��r die Nutzung der W��lder bieten wie der heutigen Generation. Ebenso wie der Klimaschutz stellt die Anpassung der W��lder eine dringliche und massive Herausforderung f��r alle Beteiligten dar, die Paradigmenwechsel auf vielen Ebenen erfordert. Vor diesem Hintergrund hat der Wissenschaftliche Beirat f��r Waldpolitik (WBW) das vorliegende Gutachten erstellt. Die Erstellung des Gutachtens erfolgte auf der Basis gepr��fter wissenschaftlicher Erkenntnisse und richtet mit seinen Handlungsempfehlungen den Fokus auf die wesentlichen Einflussm��glichkeiten zur Aufrechterhaltung und Verbesserung der Bereitstellung der ��kosystemleistungen des Waldes im Klimawandel. In dem Gutachten werden zun��chst die derzeit bekannten Auswirkungen der Klima��nderungen auf W��lder und ihre ��kosystemleistungen skizziert und die Anpassungsm��glichkeiten in unterschiedlichen Bereichen der Bewirtschaftung und Nutzung der W��lder aufzeigt. Diese Bereiche umfassen die Waldwirtschaft, Holzverarbeitung, Bio��konomie, Naturschutz, Bodenschutz, Gew��sserschutz, Gesundheitsvorsorge, Erholung und Tourismus. Die daraus gezogenen Schlussfolgerungen m��nden in konkrete Handlungsempfehlungen f��r die Anpassung in insgesamt 13 Handlungsfeldern. Ziel der Empfehlungen ist es, Bedingungen daf��r zu schaffen, dass ��kosystemleistungen der W��lder auch zuk��nftig entsprechend des gesellschaftlichen Bedarfs bereitgestellt werden k��nnen. Zu diesem Zweck sollten W��lder, wo n��tig, durch waldbauliche Unterst��tzung hin zu diversen, resilienten und anpassungsf��higen W��ldern entwickelt werden. Dies umfasst die aktive und passive F��rderung der Vielfalt standortangepasster Baumarten und ihrer funktionalen und genetischen Diversit��t ebenso, wie den Schutz der Waldb��den und ihrer Funktionen, die mit angepassten Ma��nahmen erhalten und verbessert werden m��ssen. Hierzu werden konkrete Ma��nahmen zur Anpassung von Waldbest��nden, insbesondere in den Phasen der Verj��ngung und Bestandespflege empfohlen, die mit verbesserten regionalen und ��berregionalen Daten zur Standorts- und Baumarteneignung unterst��tzt werden m��ssen. Biodiversit��t im Wald ist eine wichtige Grundlage f��r die Anpassungsf��higkeit und Vielfalt aller Prozesse, welche die ��kosystemfunktionen und -leistungen erst erm��glichen. Sie muss bei der Anpassung der W��lder an den Klimawandel daher von der genetischen bis zur ��kosystemebene umfassend ber��cksichtigt werden. Hier stellt sich insbesondere die Frage, welche Arten, Populationen und Lebensr��ume am st��rksten gef��hrdet sind und in welchem Umfang sich diese mit dem Klimawandel verschieben werden bzw. verschieben k��nnen. Der Schutz der Biodiversit��t sollte daher auf ganzer Fl��che, also auch au��erhalb von Schutzgebieten ber��cksichtigt werden. Ein besonderes Augenmerk sollte daher auf die zuk��nftige Struktur und Baumartenzusammensetzung der W��lder gelegt werden. Nat��rliche Biotope, Habitate und ��kosysteme sind im Rahmen der Anpassung auf Landschaftsebene so weit wie m��glich zu erhalten und zu f��rdern. Durch die F��rderung von Biotopverb��nden sollen die Bewegungsm��glichkeiten von Arten gew��hrleistet werden; bei wenig mobilen Arten sollte die M��glichkeit gezielter Ansiedlungen in zuk��nftigen Verbreitungsgebieten genutzt werden. Ein repr��sentatives Biodiversit��tsmonitoring und die Ber��cksichtigung des Klimawandels bei der Entwicklung von Schutzzielen sollen einen m��glichst effizienten Naturschutz im Wald erm��glichen. Der Erhalt der W��lder und ihrer vielf��ltigen ��kosystemleistungen h��ngt ganz erheblich von ihrem Schutz gegen��ber biotischen und abiotischen Risiken ab, die in Zukunft zunehmen werden. Daher bedarf es eines deutlich verbesserten Risikomanagements in enger Verkn��pfung mit einem zeitlich und r��umlich hoch aufgel��sten Monitoring, dem eine Schl��sselstellung im Anpassungsprozess der W��lder zugeschrieben wird. Zur Abwehr gro��fl��chiger Sch��den in W��ldern bedarf es in Erg��nzung des betrieblichen V Waldschutzes eines ��berregionalen Waldschutzmanagements, einer verbesserten Kontrolle von Schadorganismen und Waldkrankheiten, einer objektiven Schadensbewertung und Risikovorsorge aber auch der Forcierung restaurativer Ma��nahmen zum Waldumbau. Zunehmende Extremwetterereignisse, eine Reduktion der Produktivit��t der W��lder und Ver��nderungen im Baumartenspektrum werden bei gleichzeitig steigenden Kosten f��r Anpassung, Risikomanagement, Monitoring und die Bereitstellung von ��kosystemleistungen die Ertr��ge aus der traditionellen Waldbewirtschaftung mit Fokus auf Rohholzproduktion langfristig reduzieren. Diese Entwicklungen versch��rfen die ohnehin schon bestehenden strukturellen Probleme vor allem im kleinparzellierten Privat- und K��rperschaftswald. Um vor diesem Hintergrund Anpassungsma��nahmen effektiv umsetzen zu k��nnen, bedarf es der Schaffung stabiler institutioneller Strukturen, die die angemessene Betreuung des Nichtstaaatswaldes einschlie��t, und einer effizienteren Gestaltung der forstlichen F��rderung. Dies sollte flankiert werden durch den Aufbau von Informationsplattformen, der Schaffung von Anreizen zur aktiven Waldbewirtschaftung und Bildung von gr����eren Bewirtschaftungseinheiten. Mit der zu erwartenden Verringerung der Produktivit��t der W��lder und Verschiebung der Baumartenzusammensetzungen hin zu mehr Laubholz wird langfristig die Versorgung mit dem Rohstoff Holz insbesondere aus heimischen W��ldern eine gro��e Herausforderung. Dies erfordert auch eine Anpassung der nachgelagerten Holzwirtschaft und Holzverwendung. Daf��r m��ssen Wertsch��pfungsketten etabliert werden, die die wirtschaftliche und klimawirksame Nutzung von Holzrohstoffen aus heimischer Waldbewirtschaftung optimieren und die Transformation zu einer Bio��konomie als Grundlage neuer umweltfreundlicher Produkte st��tzen. Anreizsysteme und technische Verfahren sollten entwickelt werden, die zur Erh��hung der stofflichen und Verringerung einer direkten energetischen Nutzung f��hren, insbesondere bei bisher schwer zu vermarktenden Holzsortimenten (Kalamit��tsholz, Nadelstarkholz, Laubholz). Eine zentrale Rolle spielt dabei der Holzbau als unmittelbar verf��gbare Br��ckentechnologie1 im Klimaschutz und zur Schonung endlicher Rohstoffe. Um die in Zukunft 1 Mit Br��ckentechnologie ist hier gemeint, dass der Holzbau aktuell die einzige anwendungsreife Technologie (negative emission technology) ist, die es erm��glicht, Kohlenstoff in nennenswertem Umfang au��erhalb von ��kosystemen zu speichern. ���Br��cke��� bedeutet hierbei, dass diese Technologie deshalb ab sofort eingesetzt werden sollte, um diese Kohlenstoffspeicherung umzusetzen bis in der Zukunft m��glicherweise andere Technologien wie beispielsweise carbon capture and storage oder carbon capture and usage Technologien in eine Anwendungsreife (TRL 9) kommen. Dies bedeutet nicht, dass danach der Holzbau keine Bedeutung mehr hat, aber der Begriff unterstreicht die Dringlichkeit, diese M��glichkeit der Kohlenstoffspeicherung sofort einzusetzen.im Inland zur��ckgehende Bereitstellung von Nadelholzsortimenten teilweise ersetzen zu k��nnen, m��ssen Voraussetzungen f��r die Generierung neuer Holzstoffquellen aus Gebraucht- und Altholz geschaffen realisiert werden. Um langfristig eine ausreichende Versorgung mit Nadelholz sicherzustellen, sollte ein risikoarmer Anbau klimaangepasster Nadelbaumarten in Mischbest��nden erfolgen. Tempor��re Marktverwerfungen nach gro��fl��chigen St��rungen sollte mit reaktionsf��higen M��rkten und entsprechenden Logistik- und Lagerstrukturen entgegengewirkt werden. W��lder sind eine wichtige Grundlage sogenannter kultureller ��kosystemleistungen. Die Attraktivit��t von W��ldern f��r die Freizeit- und Erholungsnutzung im Zuge der erwarteten klimatischen Ver��nderungen wird wahrscheinlich weiterhin zunehmen. Gleichzeitig kommt es zu Ver��nderungen gewohnter Wald- und Landschaftsbilder und zu ver��nderten Voraussetzungen f��r verschiedenste Freizeitaktivit��ten im Wald. Die Bereitstellung von Erholungsleistungen und Reduktion m��glicher Konflikte zwischen Erholungsnutzung und der Holzernte steigert den Aufwand der Waldbewirtschaftung, gerade in den urbanen R��umen. Eine Honorierung der ��kosystemleistungen f��r Erholung, Sport und Tourismus ist daher neben kommunikativen und konfliktmindernden Ma��nahmen ein wichtiger Baustein zur zuk��nftigen Gestaltung von klimaresilienten Erholungsw��ldern. Die notwendigen Ma��nahmen zur Aufrechterhaltung und Verbesserung der Bereitstellung von ��kosystemleistungen der W��lder sind sehr umfangreich und kostenintensiv. Nach Einsch��tzung des WBW ��bersteigen die Aufwendungen f��r eine rasche und effektive Anpassung der W��lder an den Klimawandel deutlich ein Niveau, das man vom nicht-staatlichen Waldbesitz im Rahmen der Gemeinwohlverpflichtung des Eigentums erwarten kann. Gegenw��rtig beruhen die Einnahmen der Forstbetriebe fast ausschlie��lich auf Erl��sen aus dem Holzverkauf, wohingegen die Bereitstellung der bisher nicht honorierten, gesellschaftlich wichtigen ��kosystemleistungen f��r Klimaschutz, Wasserschutz, Naturschutz, Erholung etc. als Lasten wahrgenommen werden. Daher ist eine zentrale Empfehlung dieses Gutachtens, dass die ��ffentliche Hand Verg��tungssysteme f��r die ��kosystemleistungen des Waldes schafft, die den Forstbetrieben langfristig planbare Einnahmen aus der Bereitstellung von ��kosystemleistungen erm��glichen. Eine grunds��tzliche und effiziente M��glichkeit hierf��r sehen wir darin, nicht einzelne ��kosystemleistungen separat zu honorieren, sondern die Grundlage f��r die zuk��nftige Erbringung aller ��kosystemleistungen, die Anpassungsf��higkeit2 der W��lder an den Klimawandel, als Leistung zu betrachten. Empfohlen wird daher eine am Zustand der W��lder orientierte Zahlung, die als eine notwendige Erg��nzung der derzeit g��ngigen ma��nahmenorientierten F��rderung gesehen wird. Der rasch voranschreitende Klimawandel beschleunigt die Erosion der Relevanz des bisherigen Erfahrungswissens und f��hrt zu einer Zunahme von Unsicherheiten. Um die Anpassung von W��ldern, Wald- und Holzwirtschaft und anderen relevanten Sektoren an den Klimawandel effektiv und effizient zu gestalten, wird eine St��rkung forstwissenschaftlicher, wald- und holzproduktbezogener Forschung empfohlen. Dabei geht es insbesondere um eine strategische Ausrichtung und die Entwicklung neuer Forschungsans��tze im Sinne einer Nachhaltigkeitsforschung, die sich an Dringlichkeit, L��sungsorientierung und Implementierung ausrichtet. Daf��r werden entsprechend langfristig angelegte Forschungsinfrastrukturen und Kapazit��ten ebenso ben��tigt wie eine bessere Vernetzung und Kooperation zwischen bestehenden Forschungseinrichtungen. Zur Bef��rderung des Transformationsprozesses spricht der WBW dar��ber hinaus Empfehlungen zu ��nderungen in der Aus- und Weiterbildung, den Kommunikationsstrategien, sowie zur Beseitigung von Anpassungshemmnissen und -konflikten in den verschiedenen Bereichen aus.<br />Berichte ��ber Landwirtschaft - Zeitschrift f��r Agrarpolitik und Landwirtschaft, Sonderheft 233 November 2021

Details

Language :
German
Database :
OpenAIRE
Accession number :
edsair.doi...........23fc00481b2bcfff04f9b462f6ccf358
Full Text :
https://doi.org/10.12767/buel.vi233.386