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Entscheidungen von Patienten und deren Proxy bez��glich existentieller Fragestellungen und Shared Decision Making im Rahmen der Amyotrophen Lateralsklerose

Authors :
Ammann, Alicia
Lulé, Dorothée
Gündel, Harald
Publication Year :
2022
Publisher :
Universit��t Ulm, 2022.

Abstract

Die amyotrophe Lateralsklerose (ALS) ist die h��ufigste adulte neurodegenerative Motoneuronenerkrankung und f��hrt zu weitreichenden Einschr��nkungen der physischen Funktionen sowie zu respiratorischer Insuffizienz. Aktuell ist keine kurative Therapie verf��gbar. Allerdings sind symptomatische Interventionen m��glich, die lebensverl��ngernde Effekte haben k��nnen: Die nicht-invasive Beatmung (NIV), die invasive Beatmung via Tracheostoma (IV) und die Magensonde (PEG). Viele Patienten entwickeln unter diesen Interventionen eine gute Lebensqualit��t. Au��enstehende wie Angeh��rige sch��tzen diese allerdings oft falsch ein. Im Laufe der ALS m��ssen viele existentielle Fragen beantwortet werden. F��r andere Erkrankungen ist bekannt, dass Patienten h��ufig mit ihren Angeh��rigen und ��rzten gemeinsam Entscheidungen im Rahmen eines Shared Decision Makings (SDM) treffen wollen. Ob dies auch f��r die ALS zutrifft, war bislang noch offen. Oft m��ssen Angeh��rige auch anstelle des Patienten als Proxy entscheiden, z.B. aufgrund bulb��rer Einschr��nkung. ��bergeordnetes Ziel dieser Arbeit war daher, das Entscheidungsverhalten von Patienten und deren Angeh��rigen im Rahmen der ALS n��her zu untersuchen. Damit soll auch hinterfragt werden, inwiefern durch Angeh��rige der Patientenwille gewahrt werden kann. Die in dieser Arbeit adressierten Entscheidungen waren ��berwiegend existentieller Natur und bezogen sich mitunter auf lebensverl��ngernde Ma��nahmen (NIV, IV, PEG) und deren m��glichen Behandlungsabbruch bei Verschlechterung des ALS-Patienten. Dazu wurden 84 ALS-Patienten der Neurologischen Universit��tsklinik Ulm sowie deren 84 Angeh��rige durch standardisierte, validierte Frageb��gen befragt. Dies geschah mit Hilfe der Frageb��gen zu lebensrelevanten Entscheidungen nach Lul��. Weiter wurde die Depressivit��t mit dem ALS-Depressionsinventar 12 Items (ADF-12), die Lebensqualit��t nach Bernheim, sowie Pr��ferenzen in der Entscheidungsfindung durch die Control Preference Scale (CPS) und durch freie Fragen aus dem Protokoll der Studie NEEDSinALS (www.NEEDSinALS.com) erfasst. Die Daten der einzelnen Patienten-Angeh��rigen-Dyaden wurden mit Hilfe des Mann-Whitney-Test verglichen. Faktoren, die mit der Proxy-Entscheidung assoziiert waren, sollten mit einer ANOVA identifiziert werden. Im Mittelwertvergleich zeigte sich hinsichtlich der Inanspruchnahme von lebenserhaltenden Interventionen und des Einbezugs im Rahmen des SDM kein signifikanter Unterschied zwischen Patienten und Angeh��rigen, auch wenn deskriptiv Unterschiede deutlich wurden. Allerdings zeigte sich hinsichtlich eines Behandlungsabbruches von IV und NIV bei Verschlechterung des Zustandes des Patienten ein signifikanter Unterschied zwischen den Angeh��rigen und Patienten in ihrem Antwortverhalten. Es konnte in dieser Arbeit eine signifikante Assoziation der Patientenentscheidung pro IV und PEG und dem Wunsch der Angeh��rigen nach lebenserhaltenden Ma��nahmen gezeigt werden. Au��erdem wurde in dieser Arbeit eine signifikante Assoziation des Wunsches der Angeh��rigen nach lebensverl��ngernden Ma��nahmen und deren Proxy-Entscheidung f��r PEG und IV gezeigt. Diese Arbeit konnte ebenfalls zeigen, dass weder die gesch��tzte Lebensqualit��t der Patienten, noch deren gesch��tzte Depression oder die eigene Lebensqualit��t und Beeintr��chtigung mit der Proxy-Entscheidung der Angeh��rigen assoziiert waren. Die eigene Depressivit��t der Angeh��rigen war allerdings zum Teil signifikant mit der Proxy-Entscheidung (IV) assoziiert. Diese Arbeit konnte damit f��r die ALS zeigen, dass viele Patienten ein SDM anstrebten und Angeh��rige dies auch richtig einsch��tzten. Dabei involvierten sich die Angeh��rigen in der Proxy-Entscheidung tendenziell eher selbst mehr und weniger den Arzt als der Patient dies tats��chlich wollte. Ob der Wunsch der Angeh��rigen nach mehr Geh��r in der Versorgung der ALS-Patienten gerechtfertigt ist, bleibt daher fraglich. In dieser Arbeit wurde zudem deutlich, dass in besonders kritischen F��llen des Behandlungsabbruches die ALS-Patienten und deren Proxy sich in ihrem Antwortverhalten signifikant unterschieden und die Proxy-Entscheidung und der Wunsch der Angeh��rigen, dass der Patient Lebensverl��ngerung in Anspruch nimmt, signifikant assoziiert waren. Der Patientenwille kann in diesen F��llen ggf. nicht korrekt durch Angeh��rige gewahrt werden und Angeh��rige orientieren sich bei der Proxy-Entscheidung m��glicherweise mehr an den eigenen Pr��ferenzen als an denen der Patienten. Auch die Invasivit��t des Verfahrens und der subjektive Impact dessen schien eine Rolle f��r die Proxy-Entscheidung zu spielen. In dieser Arbeit konnten somit mehrere, mit der Proxy-Entscheidung im Rahmen der ALS assoziierte Faktoren identifiziert werden: W��nsche der Angeh��rigen, Invasivit��t der Intervention und Depressivit��t der Angeh��rigen. Die gesch��tzte Lebensqualit��t der Patienten, Beeintr��chtigung und Einschr��nkung durch die ALS und Depressivit��t der Patienten schienen hier nicht mit der Proxy-Entscheidung assoziiert. Diese Arbeit konnte f��r die ALS damit deutlich machen, dass nicht in allen F��llen eine Wahrung des Patientenwillens durch Angeh��rige m��glich scheint und diskutiert vor diesem Hintergrund, Wege zur Wahrung des Patientenwillens wie die Patientenverf��gung oder gemeinsame Entscheidungsmodelle. Diese Ergebnisse sollten weiter dazu genutzt werden, im klinischen Alltag die Wahrung der Autonomie der ALS-Patienten und patientenzentriertes Entscheiden zu verbessern, aber es auch erm��glichen, Angeh��rige ad��quat in die klinische Versorgung von ALS-Patienten einzubeziehen, um so auch ihre Versorgung zu optimieren und ihre Last zu verringern.

Details

Language :
German
Database :
OpenAIRE
Accession number :
edsair.doi.dedup.....356de2362b415376d8fb2f5c96d5e692
Full Text :
https://doi.org/10.18725/oparu-40981