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Retinale Einzelschichtanalyse bei M. Parkinson und atypischen Parkinsonsyndromen : eine Studie mittels optischer Kohärenztomographie

Authors :
Schneider, Max
Pinkhardt, Elmar Hans
Schönfeldt-Lecuona, Carlos
Publication Year :
2018
Publisher :
Universität Ulm, 2018.

Abstract

Bei Progressiver supranukleärer Blickparese (PSP), Multisystematrophie (MSA) und idiopathischem Parkinsonsyndrom (IPS) tritt im Verlauf eine Neurodegeneration auf, die einem Muster folgend verschiedene Regionen des Nervensystems erfasst. Zur Prüfung der These, dass hierbei Änderungen der Retina, embryologisch eine Ausstülpung des Gehirns, in vivo detektierbar sind, wurden bei 19 PSP-, elf MSA-, 71 IPS-Patienten und 41 gesunden Kontrollen mittels optischer Kohärenztomographie (Zeiss Cirrus HD-OCT 4000) Retinaschnittbilder gefertigt und einzelne Schichten mittels einer eigens entwickelten, experimentellen, halb-manuellen Methode ausgewertet. Weiter wurden klinische Scores und Krankheitsdauern bestimmt. Retinale Nervenfaserschicht (RNFL) und Ganglienzell- plus innere plexiforme Schicht (GCL+IPL) zeigten keine signifikanten Differenzen zwischen den Gruppen. Die innere nukleäre Schicht (INL) erschien bei PSP gegenüber Kontrollen signifikant dünner. Die äußere plexiforme Schicht (OPL) stellte sich bei MSA signifikant dünner gegenüber den restlichen Gruppen dar, die äußere nukleäre Schicht (ONL) signifikant dicker ausschließlich gegenüber PSP. Kontrollen und PSP unterschieden sich signifikant in der GRD. Der Quotient ONL/OPL ergab eine hochspezifische und -sensitive Differenzierung zwischen MSA und PSP. Eine signifikante Korrelation von Schichtdicke und Lebensalter zeigte sich bei PSP nicht, bei MSA für RNFL und GRD, bei IPS für GCL+IPL und GRD, bei Gesunden ausschließlich für GCL+IPL. Krankheitsdauer und Schichtdicken korrelierten in keiner der Gruppen signifikant. Mit Ausnahme der GCL+IPL, bei der eine (positive) Korrelation mit dem Hoehn & Yahr Score bestand, war keine signifikante Korrelation zwischen klinische Scores und einem OCT-Messwert feststellbar. Die bisherige Anwendung der ophthalmologischen OCT-Protokolle bei Parkinsonsyndromen (PS) führte zu heterogenen Ergebnissen, der Großteil der Arbeiten zeigte signifikante Substanzverluste im Macula- oder peripapillären Bereich. Die Zahl an Arbeiten zur retinalen Einzelschichtanalyse ist noch gering, die Ergebnisse nicht eindeutig. Die vorliegende Arbeit zeigte einen nicht-signifikanten Substanzverlust bei IPS, welcher einen Teil der existierenden Literatur bestätigt. Hier konnte histologisch bereits eine dem zerebralen neurodegenerativen Prozess analoge alpha-Synukleinopathie gezeigt werden. Die geringeren Änderungen verglichen mit atypischen PS spiegeln hier in gewisser Weise Magnetresonanztomographie (MRT)-Befunde in der Literatur wider, wo sich das Ausmaß der zerebralen Atrophie bei IPS ebenfalls geringer darstellt. Studien mit longitudinalem Design sind bei IPS noch ausstehend, bei MSA gelang hier schon der Nachweis einer fortschreitenden Degeneration. Literatur zu OCT bei PSP ist rar, die beschriebene, auffällige Zunahme der OPL wird in der vorliegenden Arbeit bestätigt. Erklärungsansätze für die Zunahme sind spekulativ, die Ursache ist bei noch nicht beschriebenem histologischem Korrelat derzeit unklar. Für MSA stellt die Abnahme der ONL einen neuen Befund dar, entsprechende histologische Arbeiten sind noch nicht verfügbar. Erstmals erlaubt die Berechnung des Quotienten ONL/OPL eine hochsensitive und -spezifische Trennung dieser beiden atypischen PS. Im klinischen Alltag sollte hier eine weitere Beobachtung erfolgen. Die fehlende signifikante Korrelation von Alter und Schichtdicke bei Gesunden steht im Widerspruch zu verfügbaren Normativdaten, eine Schwäche der Arbeit. Die vorhandene Korrelation bei MSA und IPS könnte durch einen kompensierenden Effekt der Zunahme der ONL bzw. eine generell mildere Degeneration bedingt sein. Bezüglich Schichtdicken und Erkrankungsdauer besteht im Großteil der Literatur keine signifikante Korrelation, was sich in der vorliegenden Arbeit bestätigt. Zur Korrelation von klinischen Scores mit OCT-Messwerten besteht kein Konsens, abgesehen von einer einzelnen Signifikanz bestätigen die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit den negativen Teil der verfügbaren Literatur. Die Fallzahlen in Studien zu atypischen PS sind immer noch sehr gering, zudem besteht eine eingeschränkte Vergleichbarkeit aufgrund studienspezifischer Methoden. Größere Patientenzahlen und longitudinale Studiendesigns, vorzugsweise in multizentrisch angelegten Untersuchungen, werden notwendig sein um die OCT in den Stand eines nützlichen Neurodegenerationsmarkers bei PS zu heben.

Details

Language :
German
Database :
OpenAIRE
Accession number :
edsair.doi.dedup.....4aaace345ee86495da5408fee3fa9584
Full Text :
https://doi.org/10.18725/oparu-5647