Die vorliegende Arbeit liefert einen Beitrag zur interdisziplinär geführten Debatte um die Möglichkeit zur Organisation von kreativen Prozessen. Am Beispiel von pharmazeutischen Forschungs- und Entwicklungsprojekten betrachtet die Arbeit den Stellenwert von Bewertungen in kreativen Prozessen sowie die Leerstelle zwischen zwei disziplinär geprägten Zugängen zu Kreativität. Analysieren die Wirtschaftsgeographie und die Organisationsforschung vor allem die Bedingungen zur Entstehung von Neuem und vernachlässigen dabei die Relevanz des Bewertens, fokussiert eine wirtschaftssoziologische Tradition der "Valuation Studies" hingegen vor allem die Bewertung von Neuem, wobei Bewertungen in Zusammenhang mit Kreativität nur selten adressiert werden. Vor diesem Hintergrund geht die Arbeit drei zusammenhängenden Forschungsfragen nach: Wann im kreativen Prozess findet welche Art von Bewertung statt; wie spielen dabei negative und positive Werturteile zusammen; und wo, also an welchen Orten, wird bewertet? Basierend auf den erhobenen qualitativen Daten (25 Experteninterviews und 116,5h Beobachtungen) werden drei Hauptergebnisse formuliert. Erstens, dass es in kreativen Prozessen immer zu einem Zusammenspiel von Generierung und Bewertung kommt, wobei die Bewertung von Neuem für den kreativen Prozess genauso zentral ist wie die Generierung von Neuem, sodass die beiden integralen Bestandteile von Kreativität vermehrt gemeinsam betrachtet werden sollten. Zweitens, dass negative und positive Werturteile grundlegend unterschiedliche Logiken ausprägen, wobei negative Werturteile unverzichtbare Impulse zur Reinterpretation liefern und somit ein erfolgreiches Durchlaufen des kreativen Prozesses - zumindest für pharmazeutische F&E Projekte - erst ermöglichen. Drittens, dass die Entstehung und Bewertung von Neuem nicht nur sozial, sondern auch lokal situiert passiert, wobei analytisch klar differenzierbare Muster der Generierung, der Bewertung und des Testens erhoben wurden. Dies zeigt wiederum, dass auch im Bereich der analytischen Wissensbasis die Wissensproduktion nicht allein universell-gültigen Protokollen folgt, sondern auch einen performativen Charakter aufweist, der durch die Konstellation der Akteure, ihren persönlichen Eigenheiten, Vorlieben und Abneigungen geprägt ist., This work adds to the interdisciplinary debate about the possibility of organizing creative processes. Using the example of pharmaceutical research and development projects the significance of valuations in creative process and the gap between two disciplinary approaches are examined. While economic geography and organizational research focus primarily on the conditions for the emergence of novelty and thereby neglect the relevance of valuation, the second approach, which is shaped by an economic sociological tradition, focuses on the valuation of novelty ("Valuation Studies"), whereby valuations are rarely addressed in connection with creativity. Against this background, this work explores three related research questions: When in the creative process does what kind of valuation take place; how do negative and positive valuations interact in creative processes; and where, in which places, is valuation happening? Based on the qualitative data (25 expert interviews and 116.5h observations), three main findings are formulated. First, that creative processes always include an interplay of generation and valuation, whereby the valuation of novelty is as central as the generation of novelty, so that the two integral parts of creativity should be considered together more often. Second, that negative and positive valuations exhibit fundamentally different intrinsic logics. In particular, negative valuations provide indispensable impulses for reinterpretation and thus enable a successful course of the creative process - at least for pharmaceutical R&D projects. Third, that the generation and valuation of novelty does not only take place socially but also locally situated, whereby analytically clearly differentiable patterns of generation, valuation and testing were detected. This in turn shows that even in terms of the analytical knowledge base, knowledge production does not exclusively follow universally valid protocols, but also has a performative character, which is shaped by the composition of the group of actors, their personal idiosyncrasies, preferences and aversions., GESIS-Schriftenreihe