1. Kommentar zu den Leitlinien (2020) der ESC zur Diagnose und Behandlung von Vorhofflimmern
- Author
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Michael Gramlich, Lars Eckardt, Ellen Hoffmann, Gerhard Hindricks, Philipp Sommer, and Ralph Bosch
- Subjects
Gynecology ,medicine.medical_specialty ,business.industry ,medicine ,Cardiology and Cardiovascular Medicine ,business - Abstract
Die neuen Leitlinien der ESC zur Diagnose und Behandlung von Vorhofflimmern setzen die vorhandenen Evidenzen aus den Ergebnissen klinischer Studien in eine klare Perspektive zur klinischen Anwendung um. Deutlich wird der generelle Trend zu einer intensiveren individuellen und personalisierten Betrachtung der Patienten mit Vorhofflimmern insbesondere in 2 Bereichen: durch die Einfuhrung der Charakterisierung von Vorhofflimmern mit dem 4S-Schema (Einbeziehung von Schlaganfallrisiko, Symptome, Vorhofflimmerlast, Substrat) als prazisere Methode im Vergleich zur seit vielen Jahren gelebten „PPP“-Klassifizierung (paroxysmal, persistierend, permanent). Dieser Zugang wird auch in den Ablationsempfehlungen sichtbar, in denen geraten wird, die Rezidivrisiken fur das Wiederauftreten von Vorhofflimmern nach einer Ablationsbehandlung bereits vor der Intervention intensiv mit in die Uberlegungen einzubeziehen. Wie schon in den 2016 ESC-Leitlinien wird die integrierte Behandlung von Patienten mit Vorhofflimmern betont und mit dem ABC-Behandlungspfad ein einfacher und intuitiver Weg aufgezeigt, um die wesentlichen Behandlungsschritte klar darzustellen: A fur „anticoagulation/avoid stroke“, B fur „better symptoms“, und C fur „comorbidities“. Auserdem werden erstmalig Empfehlungen fur Qualitatsindikatoren und fur Behandlungsbewertungen durch Patienten (sog. PROs = „patient reported outcomes“) vorgestellt. Im Bereich der Antikoagulation zur Schlaganfallpravention starken die Leitlinien den Einsatz der Nicht-Vitamin-K-Antikoagulanzien entsprechend dem individuellen Schlaganfallrisiko nach CHA2DS2-VASc, empfehlen aber auch die intensivere Beachtung der Blutungsrisiken. Aufgrund fehlender neuer Studiendaten gibt es keine Anderung der Empfehlungen fur den interventionellen Vorhofohrverschluss – es bleibt bei IIb („kann erwogen werden“). Im Bereich der frequenzregularisierenden Behandlung bleiben Kalziumantagonisten und Betablocker ggf. in Kombination mit Digitalis die erste Wahl. In der Rhythmuskontrolle findet sich fur den Bereich der medikamentosen Therapie eine nachvollziehbare Abwertung fur Sotalol aufgrund der bekannten Behandlungsrisiken. Die kurz nach Veroffentlichung der Leitlinien vorgestellte EAST-Studie wird im Hinblick auf die Bedeutung einer antiarrhythmischen Therapie in diesem Kommentar besonders diskutiert. Aufgewertet wird die Katheterablation von Vorhofflimmern in den Leitlinien insbesondere fur Patienten mit Tachykardie-induzierter schwerer Herzinsuffizienz (IB-Empfehlung), aber auch fur Patienten mit Vorhofflimmern und HFrEF bei strukturellen Herzerkrankungen (IIa-Empfehlung).
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- 2021
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