Die Arbeitsgemeinschaft „Wirbelsaule“ (AG WS) der Deutschen Gesellschaft fur Unfallchirurgie (DGU) stellt im dritten und letzten Teil der zweiten prospektiven multizentrischen Sammelstudie (MCS II) zur Behandlung von Verletzungen der gesamten Brust- und Lendenwirbelsaule Ergebnisse der Nachuntersuchungen (NU) eines 865 Patienten umfassenden Patientenkollektives aus 8 Zentren vor. Teil I der Arbeit befasste sich mit den epidemiologischen Daten des Studienkollektivs und Teil II mit Details zu den Operationen und rontgenologischen Befunden. Der gesamte Studienzeitraum umfasst die Jahre 2002 bis 2006 mit einem 30-monatigen Nachuntersuchungszeitraum vom 01.01.2004 bis 31.05.2006. NU-Ergebnisse wurden in Anlehnung an Teil I und II unter Berucksichtigung von drei charakteristischen Behandlungsgruppen (OP, KONS, PLASTIE), unterschiedlichen Operationstechniken (dorsal, ventral, kombiniert) und der Verletzungslokalisationen (BWS, TLU, LWS) ausgewertet. Die Nachuntersuchungsergebnisse von 638 (74%) Patienten wurden mit Hilfe einer internetbasierten Datenbank zusammengetragen. Nach der Entlassung aus der stationaren Behandlung folgten Aufenthalte von durchschnittlich 4 Wochen in einer Rehabilitationsklinik, die signifikant langer dauerten bei Patienten mit persistierenden neurologischen Ausfallen (O 10,9 Wochen) oder Wirbelsaulenverletzungen, die im Rahmen eines Polytraumas auftraten (O 8,6 Wochen). Ambulant wurde im Mittel fur weitere 4 Monate physiotherapeutisch nachbehandelt, mit signifikant langerer ambulanter Nachbehandlung der Patienten mit neurologischen Ausfallen zum Zeitpunkt der NU (O 8,7 Monate) und Typ-C-Frakturen (O 8,6 Monate). Die Verletzungslokalisation hatte keinen signifikanten Einfluss auf die Dauer der stationaren Rehabilitation und ambulanten Physiotherapie. 382 (72,2%) primar dorsal oder kombiniert operierte Patienten unterzogen sich nach durchschnittlich 12 Monaten einer Operation zur Metallentfernung. Im Verlauf der NU wurden nach Operationen bei 56 (8,8%) Patienten Komplikationen beobachtet, die in 18 (2,8%) Fallen operativ revidiert wurden. Die haufigsten Ursachen der Komplikationen waren Infektionen, Korrekturverluste/Fehlstellungen oder implantatassoziierte Probleme. Klinische Ergebnisse zeigten, dass Raucher im Vergleich zu Nichtrauchern ein 2,9-mal hoheres relatives Risiko fur Wundheilungsstorung hatten. Im Gesamtkollektiv besserte sich der neurologische Zustand bis zur NU bei 81 (60,4%) von 134 Patienten, die zum Zeitpunkt der stationaren Aufnahme neurologische Ausfalle hatten. Verschlechterungen wurden in 8 (1,3%) Fallen dokumentiert. Die Besserungsrate fur komplette QS-Lasionen nach Verletzungen der BWS betrug 9% und 59% am TLU. Die Art der operativen Versorgung (dorsal vs. kombiniert) hatte keinen signifikanten Einfluss auf das neurologische NU-Ergebnis. Das Patientenalter, das Geschlecht und das Vorliegen eines neurologischen Defizites hatte einen statistisch signifikanten Einfluss (p 2 Jahre nach dem Unfall beschwerdefrei. Die relative Haufigkeit der Patienten mit uneingeschrankter Ruckenfunktion war groser nach isoliert dorsaler Operation (24,2%) oder ventraler Behandlung (13,8%) als nach kombinierter Operation 17,3% (p=0,005; χ²-Test). Fur unterschiedliche Verletzungslokalisationen wurden keine signifikanten Unterschiede (p>0,05) errechnet (BWS (17,4%), TLU (22,5%) und LWS (13,6%). Der Anteil der Patienten mit Verletzungen des TLU, die zur NU bezuglich des ventralen Zugangs „vollstandig beschwerdefrei“ waren, unterschied sich nicht signifikant nach offenem (55,6%) oder endoskopischem (63,8%) Vorgehen. 56,3% der Patienten waren bei der NU nach Knochenentnahme am Beckenkamm beschwerdefrei. Im VAS-Wirbelsaulenscore zur NU erreichten Patienten der Behandlungsgruppen OP 58,4 Punkte, KONS 59,8 Punkte und PLASTIE 59,7 Punkte. Statistisch signifikante Unterschiede operativer Subgruppen wurden lediglich an der BWS nachgewiesen, wo Patienten nach isoliert dorsaler Operation mehr Punkte (64,9 Punkte) erreichten als nach kombinierter operativer Behandlung (47,8 Punkt; p=0,004). Mindestens 80% oder mehr des ursprunglichen VAS-Wirbelsaulenscorewertes vor dem Unfall erreichten 56,2% der Patienten der Gruppe OP (dorsal 60,4%, ventral 61,1%, kombinert 51,4%), 52,9% KONS und 67,6% der Gruppe PLASTIE. Nach der Operation waren die Patienten durchschnittlich 4 Monate arbeitsunfahig. Die volle Reintegration von Patienten mit sitzender Tatigkeit vor dem Unfall gelang in 71,1% der Falle. Gingen Patienten einer korperlichen Arbeit nach, war die volle berufliche Reintegration nur in 38,9% der Falle moglich. Zur NU gaben 87 (31,2%) Patienten nach dorsalem und 50 (20,1%) nach kombiniertem Eingriff an, keine Einschrankungen ihrer Freizeitaktivitaten zu haben (p=0,001). Die radiologischen NU-Ergebnisse der Behandlungsgruppen PLASTIE und KONS zeigten ein vergleichbares Ergebnis im sagittalen Wirbelsaulenprofil (GDW von −9° bzw. −8,5°). Durch die operativen Masnahmen konnte die unfallbedingte kyphotische Fehlstellung zunachst korrigiert bzw. reduziert werden. Im weiteren Verlauf der NU muss dann jedoch mit unterschiedlichen Korrekturverlusten in Abhangigkeit von der Operationstechnik und Frakturlokalisation gerechnet werden: Nach kombinierter dorsoventraler Behandlung resultierten statistisch signifikant weniger kyphotische Fehlstellungen zur NU (−3,8°) im Vergleich zur isolierten dorsalen Behandlung (−6,1°; p=0,005; ANOVA). Dies bedeutet, dass der Korrekturgewinn nach kombinierter Behandlung groser als nach isoliert dorsaler oder ventraler Versorgung war. Die Verwendung von Wirbelkorperersatzimplantaten (Cage) zur ventralen Rekonstruktion und Abstutzung zeigte signifikant bessere Ergebnisse mit weniger Korrekturverlust des bisegmentalen GDW zur NU (0,3°) als nach Verwendung von Knochenspanen (NU −3,7°; p